Bei der Wahl einer (neuen) Pensionskasse gilt es, die unterschiedlichen Angebote gründlich zu prüfen und zu vergleichen. Doch für Nicht-Profis ist es häufig schwierig, die vielen verschiedenen finanziellen Kennzahlen richtig einzuordnen und zu interpretieren. Wir erklären, was der Deckungsgrad ist und was es zu beachten gilt.
Eine der wichtigsten und bekanntesten Kennzahlen zur Bewertung einer Pensionskasse ist der Deckungsgrad: Er entspricht dem Verhältnis zwischen dem Vorsorgevermögen und den Verpflichtungen der jeweiligen Pensionskasse gegenüber den Aktiven (aktiven Beitragszahlenden) sowie den Rentnerinnen und Rentnern.
Es gilt also grundsätzlich: je höher der Deckungsgrad, desto besser. Als allgemeiner Richtwert gilt, dass 100 Prozent erreicht bzw. übertroffen werden müssen. Doch so einfach ist es nicht.
Wenn das Vorsorgevermögen einer Pensionskasse höher ist als ihre Verpflichtungen, der Deckungsgrad also über 100 Prozent liegt, spricht man von einer Überdeckung. Das bedeutet, dass die Pensionskasse Reserven gebildet hat und künftige Gewinne – insbesondere Anlageerträge – schneller an die Versicherten ausschütten kann, z. B. in Form höherer Zinsen.
Bei einer Unterdeckung ist das Gegenteil der Fall: Die Verpflichtungen der Pensionskasse sind höher als ihr Vorsorgevermögen – der Deckungsgrad liegt unter 100 Prozent. Die Pensionskasse muss die Ursachen der Unterdeckung analysieren und Sanierungsmassnahmen einleiten, wenn die Unterdeckung strukturell bedingt ist und es mittelfristig ohne Massnahmen nicht möglich ist, wieder einen Deckungsgrad von (über) 100 Prozent zu erreichen. Stiftungen mit Vollversicherungsmodell können nicht in die Unterdeckung geraten. Denn sowohl das Vorsorgevermögen als auch die Verpflichtungen sind vollständig an eine Versicherungsgesellschaft ausgelagert, die alle Risiken trägt.
Doch um den jeweiligen Deckungsgrad von Pensionskassen vergleichen zu können, muss man zunächst einmal wissen, wie er überhaupt berechnet wird.
Der Deckungsgrad einer Pensionskasse wird wie folgt berechnet: die Summe der Vorsorgevermögen geteilt durch die Summe der Verpflichtungen.
Das Vorsorgevermögen entspricht dabei sämtlichen Vermögenswerten der Pensionskasse (z. B. Guthaben auf Konten, Aktien, Obligationen, Immobilien, alternative Anlagen) zum aktuellen Marktwert.
Die Verpflichtungen einer Vorsorgeeinrichtung umfassen wiederum:
Die aktiv Versicherten haben gegenüber ihrer Pensionskasse einen Anspruch auf ihr angespartes Altersguthaben (wird auch als Freizügigkeitsleistung bezeichnet), das man ihnen bei Bedarf auszahlen muss (z. B. bei einem Pensionskassenwechsel aufgrund von Arbeitgeberwechsel, bei Bezug im Rahmen der Wohneigentumsförderung oder bei Wegzug ins Ausland).
Das Deckungskapital der laufenden Renten entspricht dem Gesamtwert der zukünftig erwarteten Rentenzahlungen, die die Pensionskasse leisten muss.
Technische Rückstellungen sind finanzielle Reserven für alle zusätzlichen Verpflichtungen, die bereits heute absehbar sind, bzw. mit denen die Pensionskasse künftig rechnet. Zum Beispiel, weil aufgrund sinkender Zinsen das Deckungskapital laufender Renten neu bewertet und erhöht werden muss. Oder weil das durch die Versicherten im Pensionierungszeitpunkt angesparte Altersguthaben nicht ausreicht, um die Rente zu finanzieren – und folglich Pensionierungsverluste entstehen.
Warum es diese beiden Kennzahlen gemeinsam zu betrachten gilt: Will man die Deckungsgrade von Lösungen der 2. Säule vergleichen, muss man auch einen genaueren Blick auf den technischen Zinssatz werfen.
Der technische Zinssatz ist der erwartete Anlageertrag auf dem Altersguthaben der Versicherten während der Rentenbezugsdauer (sprich auf demjenigen Teil des Altersguthabens, welcher nicht in Form von Renten ausbezahlt wurde). Damit sollte der technische Zins deshalb die Erwartungshaltung der Pensionskasse bezüglich langfristiger Renditen widerspiegeln.
Wenn eine Pensionskasse einen technischen Zins von 2 Prozent annimmt, sollte sie in den nächsten Jahren auch mindestens eine Rendite von 2 Prozent erzielen können.
Der technische Zinssatz hat einen direkten Einfluss auf den Deckungsgrad, weil das für laufende Renten zu bildende Deckungskapital davon abhängt. Inwiefern? Ganz einfach: Arbeitet eine Pensionskasse mit einem höheren technischen Zinssatz, erwartet sie in Zukunft entsprechend höhere Anlageerträge. Diese Mehreinnahmen reduzieren das zu bildende Deckungskapital (die Pensionskasse muss zur Finanzierung der Rente also heute weniger zurückstellen). Somit sinken die Verpflichtungen der Vorsorgeeinrichtung bei gleichbleibendem Vermögen: Der Deckungsgrad steigt.
Achtung: Da laufende Renten nicht reduziert werden dürfen, sollten Pensionskassen den technischen Zinssatz eher vorsichtig festlegen. Die angenommenen Erträge sollten an den Finanzmärkten mit risikoarmen Anlagen auch wirklich erreicht werden können.
Der angesetzte technische Zinssatz kann von Pensionskasse zu Pensionskasse variieren. Er wird aber nicht einfach frei nach Belieben festgelegt, sondern basiert auf Vorgaben, die von einem von jeder Pensionskasse zu bestimmenden Experten erstellt werden. Dabei berücksichtigt dieser nicht nur die erwartete Nettorendite aufgrund der Anlagestrategie, sondern insbesondere auch die Versichertenstruktur, also z. B. den Anteil der Rentnerinnen und Rentner. Aufgrund der Expertenempfehlung entscheidet dann der Stiftungsrat, wie hoch der technische Zinssatz letztlich ausfällt.
Wenn man die Deckungsgrade verschiedener Vorsorgeeinrichtungen vergleicht, sollte man auf jeden Fall einen Blick auf den technischen Zinssatz werfen.
Der Deckungsgrad ist zwar eine der wichtigsten Kennzahlen, wenn es um die Beurteilung einer Pensionskasse oder Sammelstiftung geht, allerdings handelt es sich immer nur um eine Momentaufnahme. Ausserdem ist der Deckungsgrad von verschiedenen Faktoren abhängig. Man sollte ihn daher nie isoliert betrachten.
Zudem gibt es einige Dimensionen, die für die Beurteilung einer Pensionskasse von grosser Bedeutung sind, im Deckungsgrad aber nicht direkt abgebildet werden, so zum Beispiel:
Wenn man als Arbeitgeberin bzw. Arbeitgeber die passende berufliche Vorsorge für seine Arbeitnehmenden auswählen möchte, gibt es somit einige Faktoren zu beachten. Ein guter Anhaltspunkt ist die Jahresrechnung, die jede Vorsorgeeinrichtung veröffentlicht. In dieser sind relevante Informationen und Kennzahlen zu finden.