Arbeiten, wo andere Urlaub machen – Workation wird in der Schweiz immer beliebter. Viele Angestellte können sich vorstellen, Arbeit und Ferien zu verbinden und ihre berufliche Tätigkeit für eine befristete Zeit an einen Ferienort im In- oder Ausland zu verlegen.
Für Arbeitgebende bringt das flexible Arbeitsmodell der reisenden Arbeitenden einige arbeits- und steuerrechtliche sowie (sozial)versicherungstechnische Fragen mit sich. Unsere Expertinnen und Experten liefern die wichtigsten Antworten.
Der Begriff Workation beschreibt die Kombination von Arbeit (englisch: «work») und Ferien («vacation»). Statt im Büro oder im heimischen Arbeitszimmer erledigen Angestellte ihre Tätigkeit in den Bergen oder am Strand, am Pool oder im Co-Working-Space, im In- oder Ausland. Häufig wird eine Workation auch als «Homeoffice im Ausland» oder «Remote Working in den Ferien» bezeichnet.
Einheitliche Regeln für dieses neue Arbeitsmodell gibt es nicht. Während einige Mitarbeitende ihr tägliches Arbeitspensum verringern, wechseln andere wöchentlich zwischen Job und Freizeit ab. Auch die Dauer kann von einigen Tagen über Wochen bis hin zu mehreren Monaten reichen.
Die Pandemie hat gezeigt, dass in vielen Branchen und Berufen ortsunabhängiges Arbeiten möglich ist. Arbeitsprozesse wurden digitalisiert, Meetings finden immer mehr online oder hybrid statt – auch nach der Rückkehr ins Büro. Das hat auch die Entwicklung hin zu flexibleren Arbeitsmodellen beschleunigt.
Viele Arbeitnehmende wünschen sich mehr Flexibilität, um Beruf und Privates besser miteinander vereinbaren zu können. Die Workation ist eine Möglichkeit für Arbeitgebende, diesem Bedürfnis zu entsprechen.
Kritisiert werden am Arbeitsmodell der reisenden Arbeitenden oder arbeitenden Reisenden häufig die gleichen Faktoren wie am klassischen Homeoffice:
Je nach Zielort der Workation können weitere Faktoren hinzukommen: Befinden sich Mitarbeitende in anderen Zeitzonen, müssen gemeinsame Meetings entsprechend gelegt werden. Streikt die Internetverbindung, wirds für alle Teilnehmenden mühsam. Das kann die Kommunikation und Arbeitsorganisation im Team erschweren und bei allen Teammitgliedern für Frustration sorgen. Insbesondere wenn Mitarbeitende aus dem Ausland arbeiten, sollten einige Faktoren im Vorfeld geklärt werden, um unangenehme Überraschungen zu vermeiden.
Eine Workation ist bis dato kein feststehender arbeitsrechtlicher Begriff. Es gibt deshalb keine einheitlichen Regelungen, an die sich Firmen und Angestellte bei der Umsetzung halten können. Vielmehr handelt sich um eine individuelle Vereinbarung zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden, die je nach Dauer, Zielland, der Funktion im Betrieb und weiteren Faktoren getroffen wird.
Pauschale Aussagen, was in Sachen Arbeitsrecht, Steuern und Versicherungen in Bezug auf Workations gilt, sind deshalb nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich. Die Anforderungen, die je nach Zielland und Dauer des Auslandsaufenthaltes erfüllt werden müssen, können dafür zu stark voneinander abweichen. Für Arbeitgebende lohnt es sich deshalb, jede Workation als Einzelfall zu betrachten und die wichtigsten Faktoren im Vorfeld zu prüfen.
«Nein, eine Zustimmung der Arbeitgeberin oder des Arbeitgebers ist immer erforderlich», so Leo Loosli, Jurist der AXA-ARAG. «Angestellte haben keinen rechtlichen Anspruch darauf, dass ihnen eine Workation gewährt wird. Arbeitgebende können ihre Zustimmung individuell erteilen oder diese als Generalklausel im Arbeitsvertrag oder dem Personalreglement festhalten.»
Eine Workation ist nicht mit Homeoffice gleichzusetzen, da immer die Komponente «Ferien» mitschwingt. Allfällige Regelungen zum Homeoffice haben deshalb keine Rechtswirkung auf Fragen in Bezug auf eine Workation. Auch nicht, wenn sie in der Schweiz verbracht wird.
Laut Leo Loosli von der AXA-ARAG gibt es auf diese Frage keine pauschale Antwort. Bei einer Workation handelt es sich oft um einen Sachverhalt mit internationaler Komponente, d. h. die Bestimmungen können sich je nach Zielland deutlich unterscheiden. Aus diesem Grund ist es äusserst wichtig, den Einzelfall zu betrachten.
Grundsätzlich gilt zwar der Arbeitsvertrag aus dem Herkunftsland, gleichzeitig können aber auch die Bestimmungen des Aufenthaltslandes zur Anwendung kommen.
Hierbei müssen mehrere Faktoren berücksichtigt werden. Bei Verstössen gegen die Arbeitsbedingungen gilt es zu klären, ob die oder der Arbeitnehmende im konkreten Fall schweizerischem Recht untersteht. Trifft das zu, richtet sich die Haftung nach den Bestimmungen im Arbeitsvertrag und den einschlägigen Normen im Obligationenrecht.
In Bezug auf die Aufenthaltsbedingungen (Visa etc.) sind Arbeitnehmende, vorbehältlich einer anderweitigen Regelung, grundsätzlich selbst verantwortlich.
Eine mögliche Haftung der Arbeitgeberin oder des Arbeitgebers kann jedoch in beiden Fällen nicht ausgeschlossen werden.
Nicht zwingend. Die Anpassung kann im Arbeitsvertrag oder mittels separater Vereinbarung erfolgen. Wenn Workations in Ihrem Unternehmen häufiger nachgefragt werden, kann eine grundsätzliche Regelung im Arbeitsvertrag oder Personalreglement sinnvoll sein.
Unabhängig davon ist es empfehlenswert, für jedes Gesuch eine separate Vereinbarung, die u. a. folgende Punkte enthält:
«Auch hierfür spielt die Sozialversicherungsunterstellung eine entscheidende Rolle. Mitarbeitende, die bei einer Workation den Schweizerischen Sozialversicherungen unterstellt bleiben, sind weiterhin gegen Unfälle gemäss UVG versichert und bleiben gemäss den AVBs der AXA auch im Ausland über die kollektive Unfallzusatz- bzw. Krankentaggeldversicherungen der Arbeitgeberin oder des Arbeitgebers versichert», so Victor Wirgailis von der AXA. «Je nach Versicherungsgesellschaft kann es bei Auslandsaufenthalten allerdings individuelle Deckungseinschränkungen geben. Wir empfehlen deshalb auch hier, den Einzelfall vor Antritt der Workation mit der AHV-Ausgleichskasse sowie der Versicherungsgesellschaft zu prüfen.»
Gut zu wissen: Die Deckung von Heilungskosten bei einer Erkrankung im Ausland liegt in der Verantwortung der Mitarbeitenden und sollte im Vorfeld von ihnen abgeklärt werden. In unserem Blog «Notfall im Ausland: Zahlt die Krankenkasse?» lesen Sie, für welche Leistungen dabei die Grundversicherung zuständig ist und in welchen Fällen sich eine Zusatzversicherung lohnt.
Das hängt vom Einzelfall bzw. dem Zielland ab. Bei Kurzaufenthalten von wenigen Tagen oder Wochen sind Arbeitnehmende tendenziell nicht steuerpflichtig. Eine Abklärung im Einzelfall ist jedoch unerlässlich, denn nebst der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer kann auch die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber zusätzlich steuerpflichtig werden. Hier lohnt es sich, bei der zuständigen Steuerbehörde nachzufragen.
«Eine pauschale Antwort auf die Frage nach der Sozialversicherungsunterstellung gibt es nicht», so Victor Wirgailis, Underwriting-Fachspezialist KPV der AXA. «Beschränkt sich die Dauer einer Workation bei Arbeitnehmenden auf maximal 20 bis 25 Prozent des Jahrespensums, ist es wahrscheinlich, dass sie den Schweizer Sozialversicherungen unterstellt bleiben. Bei längeren Aufenthalten oder je nach Zielland, z. B. ausserhalb der EU/EFTA, können die Vorgaben jedoch abweichen. Unsere Empfehlung ist deshalb, den Einzelfall unbedingt frühzeitig mit der AHV-Ausgleichskasse abzuklären.»
Das hängt von der konkreten Abmachung mit Ihren Arbeitnehmenden ab. Es steht beiden Parteien frei festzulegen, welche Regelungen gelten sollen.
Da die Workation per Definition auch einen Ferienanteil enthalten soll, liegt es allerdings nahe, Ferientage oder allenfalls Überstunden zu beziehen.
Arbeitnehmende haben grundsätzlich auch während der Urlaubszeit Anspruch auf eine Lohnzahlung. Wenn sie bei einer Workation unter normalen Umständen (im zuvor vereinbarten Grad) ihrer Arbeit nachgehen, müsste abhängig vom Einzelfall der volle Lohn geschuldet sein. Um Unklarheiten zu vermeiden und Streitigkeiten vorzubeugen, lohnt sich hier eine umfassende Vereinbarung zu den Modalitäten.
Arbeitgeberinnen oder Arbeitgeber sollten vorgängig sicherstellen, dass im Zielland die Datensicherheit gewährleistet ist. Die konkreten Massnahmen müssen im Einzelfall bestimmt werden.