Die steigenden Energiekosten zwingen auch KMU, sich verstärkt mit dem Thema Energieeffizienz auseinanderzusetzen. Wie man bereits mit wenigen und kurzfristig rentablen Massnahmen Energiekosten sparen und gleichzeitig einen Beitrag für die Umwelt leisten kann, zeigen drei Beispiele.
Auch wenn der Begriff Strommangellage zum Wort des Jahres 2022 gekürt wurde – eingetroffen ist das Worst-Case-Szenario in diesem Winter zum Glück noch nicht. Trotzdem wirken sich die steigenden Preise für Energie und Rohstoffe empfindlich auf die Bilanz vieler KMU aus. «Es gibt in der Schweiz rund 80’000 KMU mit jährlichen Energiekosten zwischen 20’000 und 300’000 Franken. Diese haben oft keine Zielvereinbarung mit dem Kanton oder Bund abgeschlossen und sind häufig weder von der CO2-Abgabe befreit, noch können sie eine Rückerstattung des Netzzuschlags geltend machen», erklärt Raffael Schiess, Bereichsleiter Energieeffizienz und Gebäudesystem bei der energiebüro ag. Bei vielen KMU sei das Thema in den letzten Jahren aufgrund der tiefen Energiepreise, aber auch aus ressourcentechnischen Gründen oder fehlendem Know-how stets depriorisiert worden. Doch das habe sich aufgrund der aktuellen geopolitischen und wirtschaftlichen Lage in den letzten Monaten gewandelt. «Das Thema Energieeffizienz ist spätestens seit dem Krieg und den damit verbundenen Auswirkungen auch für KMU von betriebswirtschaftlicher Relevanz», so Schiess.
Nicht nur betriebswirtschaftlich relevant, sondern vielmehr existenziell war die Einsparung von Energiekosten für Marianne Brechbühl-Bär. Sie betreibt seit 2016 als Pächterin und Geschäftsführerin das Café Plaza am Kirchplatz in Cham zusammen mit ihrem Ehemann Andreas. Schon die Eltern der 48-Jährigen betrieben in dem 1903 erbauten Gebäude eine Bäckerei mit integriertem Café; für Marianne Brechbühl war die Weiterführung des Betriebs deshalb eine Herzensangelegenheit. Doch das Haus war in die Jahre gekommen und die Installationen nicht mehr auf dem neusten Stand, die Betriebskosten hoch. Zudem war die wirtschaftliche Lage für das Café durch die Covidbedingten Schliessungen zunehmend schwierig geworden, der Betrieb defizitär. Die Brechbühls mussten zwingend die Unterhaltskosten senken, um überleben zu können. «Im Gastrobereich sind die Margen generell eher tief, daher machen sich niedrigere Betriebskosten direkt in der Bilanz bemerkbar», so Marianne Brechbühl. Fündig wurde das Ehepaar bei der Energieberatung PEIK (Professionelle Energieberatung für Ihr KMU). «Unser Ziel war, mit möglichst niedrigen Investitionen die teilweise horrenden Kosten für Strom und Erdgas zu minimieren und damit das Überleben des Cafés zu sichern.»
Raffael Schiess von der energiebüro ag – bis Ende 2022 offizielle PEIK-Geschäftsstelle Deutschschweiz – erklärt den Ablauf einer solchen Energieberatung: «Die PEIK-Energieberaterinnen und -berater analysieren den Energieverbrauch der KMU vor Ort und entwickeln konkrete Massnahmenvorschläge mit Investitionskosten und deren Payback-Zeiten. Die KMU erhalten einen übersichtlichen Bericht mit allen Ergebnissen und Massnahmen sowie einen Umsetzungsplan mit Informationen zu Förderbeiträgen. So haben sie alle Informationen, um zu entscheiden, welche Massnahmen sie wann und wie umsetzen wollen. EnergieSchweiz beteiligt sich an den Kosten für die Energieberatung mit 50 Prozent bis maximal 2500 Franken.»
Marianne und Andreas Brechbühl hatten zwar schon vor der Beratung einiges selbst umgesetzt. So hatten sie die Lampen durch LED ersetzt und nicht benutzte Geräte abgeschaltet, anstatt in den Standby-Modus versetzt. Trotzdem fand die PEIK-Energieberaterin weiteres Einsparpotenzial: Nicht mehr benötigte und noch immer beheizte Rohrleitungen und Heizkörper wurden ausser Betrieb genommen und die Heizkurve des Gebäudes optimiert. Die einschneidendste Massnahme war aber, den begehbaren Gefrierschrank aus den 80er-Jahren abzuschalten und durch kleinere Gefriertruhen zu ersetzen, die bedarfsgerecht modular betrieben werden können. «Der grosse Gefrierschrank hatte uns 700 Franken pro Monat gekostet, die neuen Truhen schlagen gerade noch mit 300 Franken pro Jahr zu Buche. Diese Massnahme allein rechnete sich also schon sehr», so Marianne Brechbühl.
Dank der sofort umgesetzten und kurzfristig rentablen Massnahmen konnte das Gastgeberpaar den Betrieb durch die Pandemie retten. Mittlerweile brummt das Café wieder, der Umsatz stimmt. Trotzdem wollen Marianne und Andreas Brechbühl weitere Massnahmen umsetzen und planen als nächsten Schritt, die restlichen Rohrleitungen in Eigenregie zu dämmen und damit weiteres Sparpotenzial zu nutzen. «Die Investition in die Energieberatung hat sich für uns auf jeden Fall gelohnt», betont Marianne Brechbühl. Und Energieprofi Schiess ergänzt: «Energie einsparen kann man überall – egal ob im Abbruchhaus oder im gerade bezogenen Neubaugebäude. Mit einfachen Sofortmassnahmen können die Energiekosten in den meisten Fällen um 10 bis 15 Prozent reduziert werden.» Wer sich unschlüssig sei, ob sich eine PEIK-Energieberatung für das eigene Unternehmen lohne, könne das Einsparpotenzial online auf peik.ch/sparrechner berechnen lassen: Einfach die Eckdaten des Unternehmens eingeben und mit wenigen Klicks eine persönliche Einschätzung erhalten.
Das Thema Energieeffizienz stand in der Vergangenheit nicht zuoberst auf der Pendenzenliste bei Christian Maier, Geschäftsführer der Schloss-Garage in Winterthur. Die Autogarage gehört zwar in Sachen Strombedarf zu den Grossverbrauchern der Stadt, trotzdem habe er das Thema bisher nicht in Angriff genommen. Nicht, dass ihn die Themen Nachhaltigkeit oder steigende Energiekosten kaltliessen, aber im hektischen Tagesgeschäft hatte bisher einfach die Zeit gefehlt, sagt der 42-Jährige. «Man kümmert sich halt immer erst um das Dringende, nicht um das Wichtige.» Umso dankbarer war Maier, als ihm im Jahr 2019 ein PEIK-Energieberater der Stadt Winterthur das Angebot vorstellte. «Für mich war der entscheidende Vorteil, dass ich sämtliche Aktivitäten auslagern und mich selbst auf das Tagesgeschäft fokussieren konnte.»
Der Bericht ergab eine Reihe von kleineren und grösseren Massnahmen. Unter anderem wurde das grosse Tor zur Werkstatt automatisiert, was zum einen mehr Komfort für die Mitarbeitenden brachte – mussten sie es doch vorher jeweils manuell öffnen und schliessen –, zum anderen geht durch die Automatisierung wesentlich weniger Wärme verloren, was deutlich Energie einspart. Darüber hinaus ist man bei der Schloss-Garage schrittweise auf eine LED-Beleuchtung umgestiegen. «Unser grösster Energiefresser war aber die Wärmeerzeugung», erklärt Christian Maier. Die Schloss-Garage heizte ihre Räumlichkeiten sowie die angrenzende Trattoria und insgesamt 14 Wohneinheiten mit zwei Ölheizungen und verbrauchte 30’000 Liter Öl pro Jahr. «Da aber beide Anlagen noch intakt waren und auch noch 20 Jahre funktioniert hätten, mussten wir uns gut überlegen, ob und wann wir in eine neue Wärmeanlage investieren sollten – einfach so etwas gut Funktionierendes wegzuwerfen, wäre sowohl ökonomisch als auch ökologisch wenig sinnvoll gewesen», so der Mobilitätsexperte.
Den Schritt zur neuen Wärmeversorgung machte die Schloss-Garage zwei Jahre später, als ein grösserer Umbau anstand. «Die Baumaschinen waren ja schon da, also bot sich der gleichzeitige Einbau einer neuen Anlage an», lacht Christian Maier. Noch hat sich die Umstellung auf eine Heizung via Grundwasserwärmenutzung nicht rentiert, das dauere vermutlich noch 20 Jahre. Trotzdem ist der Geschäftsführer überzeugt, die richtige Investition getätigt zu haben. «Neben kurzfristigen und einfach umsetzbaren Massnahmen hilft die Energieberatung auch, grössere Investitionen einzuplanen und deren Payback abzuschätzen, da der Bericht genau aufzeigt, wann sich die neue Anlage rentieren wird.» Zudem gebe es ihm auch ein gutes Gefühl, sparsam mit unseren Ressourcen umzugehen. Als Nächstes steht bei der Schloss-Garage der Bau einer Photovoltaikanlage an, sofern die Behörden die Bewilligung dazu erteilen. «Rund 80 Prozent aller KMU haben durch ihre Infrastruktur das Potenzial, mittels einer PV-Anlage ihren eigenen Strom zu produzieren. Das ist nicht nur nachhaltig und umweltfreundlich, sondern lohnt sich auch sehr schnell betriebswirtschaftlich», erklärt Experte Raffael Schiess von der energiebüro ag.
Auch bei der Egli Federnfabrik AG spielt Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle. Dass das Unternehmen schonend mit Ressourcen umgeht und Sorge zur Umwelt trägt, hat es sich deshalb bereits 2013 mit ISO 14001 zertifizieren lassen. Als der Betrieb 2017 dann von Dübendorf in die neue Produktionsstätte in Volketswil umzog, nutzte der Hersteller von technischen Federn aus Draht und Band die Chance, diverse Energiesparmassnahmen umzusetzen. Unter anderem habe man die veralteten FL-Leuchtmittel durch neue LED-Lampen ersetzt und eine Wärmerückgewinnungsanlage eingesetzt, wodurch Wärme über Ofenanlagen und andere thermische Rückführungen zurückgewonnen werden kann und so die Heizkosten im Winter minimiert werden. Trotzdem führte auch die Egli Federnfabrik AG 2019 eine Energieberatung durch. «Ich wollte eine professionelle Einschätzung eines Experten, wo wir in Sachen Energieeffizienz stehen und welche Optimierungsmöglichkeiten es noch gibt», so Geschäftsführer Roman Geu. Als ISO-zertifizierter Betrieb sei man schliesslich verpflichtet, eine kontinuierliche Verbesserung des Umweltmanagements anzustreben und jedes Jahr neue umweltbezogene Zielsetzungen zu erreichen.
Und tatsächlich gab es auch bei der Egli Federnfabrik noch Potenzial: Um den Lastwagen das Ein- und Ausfahren für die Anlieferungen und Abholungen zu ermöglichen, stand in der Produktionshalle während des Güterumschlags ein grosses Tor offen. Dadurch war es in der Halle für die Mitarbeitenden gerade im Winter empfindlich kalt; dazu ging viel Wärme verloren und verursachte unnötige Heizkosten. Der PEIK-Energieberater riet Roman Geu dazu, eine Trennwand einzurichten und damit eine Entladungs- und eine Arbeitszone zu schaffen. Zudem erkannte er auch in der bereits installierten Wärmerückgewinnungsanlage Optimierungspotenzial, insbesondere für die wärmeren Tage: Indem die Egli Federnfabrik die Anlage während der Nacht einsetzt, kann sie dank der Frischluft die Temperatur in der Halle um mehrere Grad senken – das macht die Installation einer Klimaanlage überflüssig. «Wir sind selbst nicht auf die Idee gekommen, dass wir die Anlage im Sommer zum Kühlen brauchen können», sagt Roman Geu. «Es ist eine äusserst hilfreiche Unterstützung, wenn ein Profi von aussen eine Bestandsoptimierung vornimmt und mit seinem Know-how über die neusten Technologien und Anlagen ein umfassendes und vernetztes Konzept erarbeitet.»
Eine weitere Optimierungsmassnahme hat die Egli Federnfabrik im Sommer 2022 realisiert: den Bau einer Photovoltaikanlage. «Mit den 3200 Quadratmetern Dachfläche können wir dank der neuen Anlage die komplette Jahresmenge an elektrischem Verbrauch selbst produzieren », so Geu. Das lohnt sich, auch wenn die Investition hoch war. «Bleiben die Energiepreise weiterhin auf diesem Niveau, wird die Anlage in rund acht bis neun Jahren rentabel sein», erklärt Roman Geu. Und die Investition lohnt sich auch aus anderen Gründen: «Zum einen gewinnt das Thema Nachhaltigkeit auch am Markt bei Kundinnen und Kunden immer mehr an Bedeutung. Und da wir unseren Strom jetzt selbst produzieren, mussten wir unsere Preise im Gegensatz zu unseren Mitbewerbern nur sehr moderat erhöhen – das verschafft uns einen Wettbewerbsvorteil.» Die nächsten Massnahmen stehen deshalb schon bald an; so plant Roman Geu eine elektrische Firmenflotte, um den überschüssigen Strom für den eigenen Betrieb nutzen zu können. Und eines liegt ihm persönlich besonders am Herzen: «Wir haben noch eine Leiche im Keller – eine Gasheizung, die wir ebenfalls so schnell wie möglich ersetzen wollen. Und damit einen Beitrag zur Energiewende leisten.»
Das Café Plaza in Cham wird seit 2016 von Marianne und Andreas Brechbühl geführt; die beiden beschäftigen vier bis sechs Mitarbeitende. Schon die Eltern der heutigen Geschäftsführerin führten seit 1903 eine Bäckerei mit integriertem Café im Haus am Kirchenplatz. Neben dem stadtbesten Kaffee ist der Betrieb bekannt für hausgemachte Kuchen und Wähen – und die Herzlichkeit der Gastgeberin.
Die Schloss-Garage ist die grösste Alfa-Romeo- und Abarth-Vertretung der Schweiz sowie Fiat-Spezialist für den Bezirk Winterthur und den Kanton Thurgau. Der Familienbetrieb wird in vierter Generation von Christian Maier geführt und beschäftigt 33 Mitarbeitende an zwei Standorten.
Die Egli Federnfabrik AG bietet qualitativ hochwertige, technische Federn aus Draht und Band sowie deren Feinbearbeitung mit Lasertechnologie. 1961 gegründet, produziert die Firma Serien für alle Bereiche der Industrie und des Gewerbes, vorwiegend ausgerichtet auf die Bedürfnisse des Schweizer Markts. Das in Volketswil ansässige Unternehmen beschäftigt 33 Mitarbeitende.
Raffael Schiess ist Bereichsleiter Energieeffizienz und Gebäudesystem bei der energiebüro ag in Zürich. Das unabhängige Unternehmen ist spezialisiert auf Solarkraftwerke, Wasserkraft und Energieeffizienz. Rund 20 Expertinnen und Experten erbringen von der Beratung über die Umsetzung bis zur Qualitätskontrolle sämtliche Dienstleistungen aus einer Hand.