Sicherheit und Recht

Erbrechtsrevision 2023: Vorteile für die Unternehmensnachfolge

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Das Schweizer Erbrecht ist über 100 Jahre alt: Im Zuge einer Revision wurde es nun modernisiert. Das neue Erbrecht soll den vielfältigen Lebensformen gerecht werden und Erblasserinnen und Erblassern mehr Freiheiten bieten. Die Senkung der Pflichtteile erleichtert auch die familieninterne Unternehmensnachfolge: Unternehmensinhaberinnen und -inhaber können die freie Quote der Nachfolgerin oder dem Nachfolger zuweisen – und sie oder ihn somit stärken.

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Wann wird das revidierte Erbrecht wirksam?

Der Bundesrat hat entschieden, das revidierte Erbrecht am 1. Januar 2023 in Kraft zu setzen. 

Zudem hat der Bundesrat dem Parlament am 10. Juni 2022 einen Gesetzesvorschlag unterbreitet, der weitere Erleichterungen für die Unternehmensnachfolge schaffen soll: Einzelne Erbinnen oder Erben sollen – unter bestimmten Voraussetzungen – die Zuweisung kontrollierender Unternehmensanteile verlangen können.

Zurzeit gibt es kein rechtlicher Anspruch auf eine Stundung von Ausgleichszahlungen und der Unternehmenswert wird im Zeitpunkt des Ablebens des Erblassers berechnet. Neu soll der Unternehmenswert im Zeitpunkt der Übergabe berechnet werden und der übernehmende Erbe soll die Möglichkeit erhalten, Ausgleichszahlungen an die anderen Erben zu stunden (d.h. befristet auszusetzen). 

Was sind die grössten Vorteile der Erbrechtsrevision für die Unternehmensnachfolge? 

Das Pflichtteilrecht wird liberalisiert, was auch die Nachfolgeplanung für Familienunternehmen erleichtert. Es wird in Zukunft einfacher, ein Unternehmen ungeteilt einzelnen Erbinnen oder Erben zuzuweisen. 

Dabei wird gleichzeitig darauf geachtet, dass die Gleichstellung von Erbinnen und Erben gewahrt bleibt.

Was ist das Ziel der Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches hinsichtlich Pflichtteilsrecht?

Durch die Reduktion bzw. teilweise Abschaffung der Vorschriften über die gesetzlichen Pflichtteile wird das neue Erbrecht an die gesellschaftlichen Entwicklungen angepasst, ohne dass seine Grundstrukturen geändert werden. Erblasserinnen und Erblasser erhalten mit der Erbrechtsrevision mehr Freiheiten bei der Nachlassplanung.

Inwiefern erleichtert die Revision die Unternehmensnachfolge in puncto Pflichtteile?

Wenn das Unternehmen an familienexterne Nachfolgerinnen oder Nachfolger verkauft wird, ist der Fall klar: Der Verkaufserlös fliesst ins Vermögen der Verkäuferin oder des Verkäufers und nach deren oder dessen Tod in die Erbmasse.

Dasselbe gilt bei einer familieninternen Nachfolge. Das Problem in der Praxis: Oft können die Erbinnen oder Erben nicht den vollen Marktpreis bezahlen. Wenn das Unternehmen jedoch unter dem Marktpreis zugewiesen wird – beispielsweise durch eine Schenkung – besteht das Problem einer Pflichtteilsverletzung. Es sei denn, die Pflichtteile können durch frei verfügbares Vermögen der Erblasserin oder des Erblassers anderweitig bedient werden.

Diagramm zeigt die Veränderungen der Pflichtteils- und freien Quote: Bisher: Ehepartner:in 1/4, Nachkommen 3/8, frei 3/8; Neu: Ehepartner:in 1/4, Nachkommen 1/4, frei 1/2.

Muss ich etwas tun, damit ich von den Pflichtteilsänderungen profitieren kann?

Gesetzliche Erbansprüche bleiben ebenfalls bestehen. Für einen Entzug des gesetzlichen Erbanspruches bleibt weiterhin eine letztwillige Verfügung notwendig. Grundsätzlich behalten letztwillige Verfügungen, die vor der Erbrechtsrevision errichtet wurden, ihre Gültigkeit. 

Diese Revision wird grosse Auswirkungen für viele Privatpersonen mit sich bringen. Aber auch Selbstständige sowie Besitzerinnen oder Besitzer von KMU können schon jetzt die kommenden Gesetzesänderungen in ihre Nachfolgeplanung einbeziehen. In komplexen Fällen kann es ratsam sein, Fachpersonen beizuziehen.

In meinem Testament habe ich den erbrechtlichen Anspruch meines Kindes, das das Familienunternehmen nicht übernehmen wird, bereits auf den Pflichtteil reduziert. Muss ich etwas tun, damit die Änderungen wirksam werden?

Das zeitliche Kollisionsrecht sieht vor, dass die neuen, reduzierten Pflichtteilsregelungen gelten, sofern die Erblasserin oder der Erblasser nach Inkrafttreten der Teilrevision am 1. Januar 2023 verstirbt. Dies bedeutet, dass ohne weitere Handlung Ihrerseits, die neuen Pflichtteilsregelungen zur Anwendung gelangen werden.

Zu welchem Zeitpunkt wird nun der Unternehmenswert bei einer Vererbung innerhalb der Familie berechnet?

In der Regel wird ein Unternehmen zu Lebzeiten übertragen. Der Wert des Unternehmens wird bis anhin hingegen zum Todeszeitpunkt der Erblasserin oder des Erblassers bewertet.

Dies kann zu Fehlanreizen führen, da die oder der Übernehmende an einer möglichst moderaten Unternehmensbewertung interessiert wäre. Grund dafür ist, dass eine Steigerung des Unternehmenswerts zwischen der Übergabe des Unternehmens und dem Tod der Erblasserin oder des Erblassers zu höheren Ausgleichszahlungen an andere pflichtteilsgeschützte Familienmitglieder führen kann.

Gemäss dem Gesetzesvorschlag des Bundesrats soll der Wert der betriebsnotwendigen Vermögensteile zum Zeitpunkt der Zuweisung an den Marktwert des Unternehmens angerechnet werden. Dies bedeutet einerseits, dass die Nachfolgerin oder der Nachfolger das volle unternehmerische Risiko trägt. Andererseits wäre der Wertzuwachs des Unternehmens von einer allfälligen Ausgleichspflicht ausgeschlossen.

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Welche Möglichkeiten gibt es, wenn mehrere Familienmitglieder das Unternehmen übernehmen wollen?

Bis anhin kann die Unternehmensnachfolge bei einer Teilungsklage gerichtlich geregelt werden. Gemäss dem Gesetzesvorschlag des Bundesrates sollte hingegen das Gericht entscheiden können, wenn mehrere Erbinnen oder Erben die Zuweisung des Unternehmens verlangen. Die Zuweisung erfolgt an diejenige Person, die zur Übernahme des Betriebs am geeignetsten erscheint. Gute Argumente dafür sind zum Beispiel die bisherige Mitarbeit im Familienunternehmen oder fachliche Qualifikationen.

Die Nachfolgerin oder der Nachfolger bleibt gegenüber anderen Familienmitgliedern voll ausgleichspflichtig.

Zum Schutz der Miterbenden sollen Pflichtteile nicht durch Minderheitsanteile am Unternehmen beglichen werden können. Das Ziel des neuen Erbrechts  ist gleichermassen eine Flexibilisierung und Stabilisierung der generationenübergreifenden Unternehmensplanung.

Was, wenn die Erbin oder der Erbe ihren oder seinen Ausgleichszahlungen nicht nachkommen kann?

Der Bundesrat hat im Gesetzesvorschlag eine Stundungsmöglichkeit für Ausgleichszahlungen der Unternehmensnachfolgenden gegenüber den Miterbenden vorgesehen: Die Ausgleichszahlungen können für die Dauer von maximal zehn Jahren gestundet, sprich aufgeschoben werden.

Eine Stundungsmöglichkeit ist auch für güterrechtliche Ausgleichszahlungen vorgesehen – wobei die Voraussetzungen von der Stundungsmöglichkeit gegenüber den Miterbenden abweichen.

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