Eine ärztliche Behandlung ist auch eine Frage des Vertrauens. Neben fachlichen Qualifikationen spielen deshalb für viele Patientinnen und Patienten auch zwischenmenschliche Faktoren eine Rolle bei der Arztwahl.
Doch unter welchen Umständen können Sie Ihre Ärztin oder Ihren Arzt frei wählen? Worauf sollten Sie dabei achten? Und wann brauchen Sie eine Zusatzversicherung für die freie Arztwahl? All das erfahren Sie in diesem Artikel.
Freie Arztwahl bedeutet, dass Versicherte die Möglichkeit haben, ihre Ärztin oder ihren Arzt selbst auszuwählen. Das heisst: Sie können entscheiden, welche medizinischen Fachkräfte Sie aufsuchen möchten – und sich von einer Ärztin oder einem Arzt behandeln lassen, die oder der Ihre Bedürfnisse Ihrer Meinung nach am besten berücksichtigt. Dabei betrifft die freie Arztwahl nicht nur die Auswahl der Ärztin oder des Arztes: Ihnen steht auch frei, ein bestimmtes Spital oder eine gewisse Klinik aufzusuchen. Dies ist besonders wichtig bei komplexen oder spezialisierten medizinischen Eingriffen.
Die freie Arztwahl ist in der Schweiz per Gesetz oder genauer gesagt im Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) geregelt. Grob zusammengefasst gelten dabei die folgenden Punkte:
Wünschen Sie eine Behandlung in einem anderen Kanton als in dem, in dem Sie wohnen, ist dies möglich. Dies gilt insbesondere, wenn Sie Spezialbehandlungen benötigen oder bestimmte Ärztinnen und Ärzte bevorzugen, die sich nicht in Ihrem Heimatkanton befinden.
Ihre Krankenkasse bzw. das Modell Ihrer Versicherung spielt eine entscheidende Rolle bei der freien Arztwahl. Neben dem Standardmodell der Grundversicherung gibt es folgende:
Im Hausarztmodell verpflichten Sie sich, bei gesundheitlichen Problemen immer zuerst Ihre Hausärztin bzw. Ihren Hausarzt aufzusuchen. Diese oder dieser koordiniert dann alle weiteren Behandlungen und Überweisungen. Sie können Ihre Hausarztpraxis frei wählen, müssen jedoch für alle weiteren medizinischen Leistungen Empfehlungen von dort einholen. Der gegenwärtige Hausarztmangel kann diese Wahlfreiheit jedoch einschränken, da Sie zuerst eine Hausarztpraxis finden müssen, die Sie als neue Patientin oder neuen Patienten aufnimmt.
Beim HMO-Modell entscheiden Sie sich für eine bestimmte Arztpraxis oder Gesundheitsorganisation, die Ihre medizinische Grundversorgung als sogenanntes HMO-Zentrum übernimmt. Alle Behandlungen müssen über dieses Zentrum erfolgen, und nur die dort beschäftigten Ärztinnen bzw. Ärzte dürfen Sie behandeln. Für dieses Modell können niedrigere Prämien berechnet werden.
Beim Telmed-Modell (von «Telemedizin») müssen Sie vor einem Arztbesuch immer zuerst eine telefonische Beratung durch eine medizinische Hotline in Anspruch nehmen. Die Beratenden geben Ihnen dann Empfehlungen und eine allfällige Überweisung. Sie können nicht direkt und ohne vorherige telefonische Beratung zu einer Arztpraxis Ihrer Wahl gehen – ausser in Notfällen.
Es ist in der Regel nicht möglich, gleichzeitig zwei Hausärztinnen oder Hausärzte zu haben. In Notfällen oder bei speziellen medizinischen Problemen können Sie andere Arztpraxen oder Spezialisten konsultieren. Diese Besuche sollten Sie jedoch mit Ihrer Hausärztin oder Ihrem Hausarzt abstimmen.
Neben dem Versicherungsmodell können auch andere Faktoren die freie Arztwahl einschränken. Manche Versicherungen und Kantone setzen beispielsweise Budgets oder Kostengrenzen für bestimmte Behandlungen. Diese finanziellen Rahmenbedingungen beeinflussen, welche Ärztinnen und Ärzte oder Spitäler Sie aufsuchen können, ohne zusätzliche Kosten tragen zu müssen.
Zusätzlich kann die Wahl des Spitals auch von den kantonalen Spitallisten abhängen. Jeder Kanton führt eine Liste der anerkannten Spitäler, in welchen die Grundversicherung die Kosten übernimmt. Wenn Sie ein Spital wählen, das nicht auf dieser Liste steht, müssen Sie möglicherweise die Kosten selbst tragen. Eine Ausnahme ist, wenn es sich um eine spezialisierte Behandlung handelt, die nur ausserhalb Ihres Kantons verfügbar ist.
Die freie Arztwahl ist ein zentraler Aspekt des Gesundheitswesen in der Schweiz und bringt viele Vorteile, auch wenn das Schweizer Gesundheitssystem bereits über einen hohen Standard verfügt. Sie fördert die Möglichkeit, die behandelnde Fachkraft selbst zu wählen und ein vertrauensvolles Arzt-Patienten-Verhältnis aufzubauen.
Durch die freie Arztwahl können Sie ausserdem gezielt Ärztinnen oder Ärzte aufsuchen, die für Ihre spezifischen gesundheitlichen Probleme besonders qualifiziert sind, sollte dies ein Bedürfnis sein.
Das wiederum schlägt sich in der Patientenzufriedenheit nieder. Schliesslich ermöglicht es die Wahlfreiheit, medizinische Fachkräfte zu finden, die Ihren individuellen Bedürfnissen und Erwartungen besser entsprechen. Sei es hinsichtlich der Behandlungsmethoden oder der Kommunikation.
Zu beachten sind aber auch die damit verbundenen Kosten. Wer eine freie Arztwahl möchte, muss mit monatlich deutlich höheren Mehrkosten bei den Krankenkassenprämien rechnen.
Freie Arztwahl, schön und gut – aber wie finden Sie am besten eine Ärztin oder einen Arzt, die bzw. der zu Ihnen und Ihren individuellen Bedürfnissen passt? Versuchen Sie es mit den folgenden Tipps:
Nutzen Sie Bewertungsportale und Websites von Arztpraxen, um Informationen über Ärztinnen und Ärzte in Ihrer Nähe zu finden. Lesen Sie Erfahrungsberichte von anderen Patientinnen und Patienten, um sich ein Bild zu machen.
Persönliche Empfehlungen sind sehr wertvoll. Fragen Sie in Ihrem Umfeld nach guten Erfahrungen mit bestimmten Ärztinnen und Ärzten. Dies kann Ihnen helfen, vertrauenswürdige und kompetente medizinische Unterstützung zu finden.
Achten Sie darauf, dass die Ärztin oder der Arzt die erforderlichen Qualifikationen und Fachkenntnisse für Ihre spezifischen gesundheitlichen Bedürfnisse hat. Informationen dazu finden Sie oft auf der Website der Praxis oder auf den Websites der medizinischen Fachgesellschaften.
Stellen Sie sicher, dass die Praxis gut erreichbar ist und die Öffnungszeiten mit Ihrem Zeitplan übereinstimmen. Eine Praxis in der Nähe Ihres Wohnorts oder Ihrer Arbeitsstelle kann im Alltag viel Stress und Zeit sparen.
Der persönliche Eindruck ist wichtig. Wenn Sie sich nicht wohlfühlen, zögern Sie nicht, nach einer anderen Ärztin oder einem anderen Arzt zu suchen. Ihr Wohlbefinden und Vertrauen sind entscheidend für eine gute Behandlung.
Fragen Sie nach, wie die Abrechnung der Leistungen erfolgt, insbesondere wenn Sie Zusatzversicherungen haben. Klären Sie, welche Kosten Ihre Krankenkasse übernimmt und ob es Zuzahlungen gibt.