Johannisbeersaft auf dem Sofa der Kollegin verschüttet? In den meisten Fällen zahlt die Haftpflichtversicherung den Schaden. Aber: Um keine vorschnellen Versprechungen zu machen, hilft es, den Begriff «Zeitwert» zu kennen.
Passiert ist passiert. Und das ist meist unangenehm genug. Noch dazu, wenn man schuld ist an einem Sachschaden. Deshalb verweist man gerne auf seine Haftpflichtversicherung, die dafür aufkommen wird. Das klingt dann schon fast so gut wie ein neues Sofa. Oder eine neue Kamera. Oder ein neuer Teppich. Doch ist es auch so?
Hier liegt ein häufiger Denkfehler begraben, den es im Zusammenhang mit Versicherungsleistungen gibt: Die Verwechslung von Neuwert und Zeitwert. Denn bei Haftpflichtschäden wird nicht der Neuwert, sondern der Zeitwert des Gegenstands vergütet. Gemeint ist damit der Wert, den die Sache unter Berücksichtigung ihres Alters, ihres Gebrauchs und der Abnutzung zum Zeitpunkt des Schadens hat.
Wichtige Grösse in dieser Berechnung ist die normale Lebensdauer des Gegenstandes. Beträgt diese beispielsweise 10 Jahre und ist der Gegenstand bereits 11 Jahre alt, wird kein Schaden erstattet, da de facto kein Schaden besteht. Ist der Gegenstand jedoch neu, entspricht der Zeitwert dem Neuwert. Diese Betrachtungsweise ist keine Willkür der Versicherungsgesellschaften, sie entspricht der geltenden Gesetzesgrundlage.
Zur Berechnung des Zeitwerts muss man den Neuwert eines Gegenstands kennen. Von diesem Wert wird eine bestimmte Summe, die sogenannte Wertminderung, abgezogen – für Alter, Gebrauch und Abnutzung. Was übrig bleibt, nennt man den Zeitwert. Der Zeitwert ist also der Wert der versicherten Sache zum Schadenzeitpunkt.
Die AXA und andere Versicherungsgesellschaften richten sich nach dem Schweizerischen Haftpflichtrecht. Das heisst, sie entschädigen den Betrag, zu dessen Zahlung der Versicherte dem Geschädigten aufgrund der gesetzlichen Haftpflichtbestimmungen verpflichtet ist. Damit eine Leistung erbracht werden kann, muss also jemand in seinem Vermögen beeinträchtigt worden sein. Allem voran aber muss die Forderung berechtigt sein.
Noch bevor der Zeitwert ermittelt wird, kommt ein anderer wichtiger Versicherungsfaktor zum Tragen: Die Haftpflichtversicherung überprüft im Schadenfall den rechtmässigen Anspruch des Geschädigten. Dies kann Versicherte vor teuren Rechtsstreitigkeiten bewahren. Dann etwa, wenn Forderungen gestellt werden, für deren Abwehr ein Jurist eingeschaltet werden müsste.
Im umgekehrten Fall – wenn Sie die oder der Geschädigte sind, und die Verursacherin oder der Verursacher sich weigert, den entstandenen Schaden zu bezahlen – greift die Haftpflichtversicherung nicht. Hier kann eine Rechtsschutzversicherung helfen.
Zurück zum Zeitwert: Gerade bei älteren Einrichtungsgegenständen und technischen Geräten mit schnellem Zeitwertverlust ist die Enttäuschung aufgrund niedriger Versicherungsleistungen nachvollziehbar. Denn auch auf einem Sofa, das vor dem Gesetz keinen Wert mehr hat, lässt es sich oft noch recht bequem sitzen. Um den ideellen Schaden aus der Welt zu schaffen, müssen Schadenverursacher in einem solchen Fall notgedrungen in die eigene Tasche greifen.