Ferienzeit ist Erholungszeit – doch häufig auch mit Unsicherheiten verbunden: Wie viele Tage stehen mir zu? Was passiert mit meinen Ferien, wenn ich krank werde? Und unter welchen Umständen können Ferien verfallen?
In der Schweiz gibt es klare gesetzliche Regelungen zum Ferienanspruch. Diese sind in Artikel 329a-d des Obligationenrechts (OR) festgelegt. Für Arbeitnehmende beträgt der gesetzliche Mindestanspruch vier Wochen Ferien pro Jahr. Von einer Fünftagewoche ausgehend entspricht das 20 Arbeitstagen. Für Jugendliche unter 20 Jahren tritt allerdings eine Sonderregelung in Kraft: Sie haben Anspruch auf mindestens fünf Wochen Ferien pro Jahr, also 25 Arbeitstage. Das soll sicherstellen, dass junge Menschen genug Zeit für Erholung, Freizeit und Bildung haben.
Auch wenn der gesetzliche Mindestanspruch vier Wochen beträgt, können Arbeitgebende ihren Mitarbeitenden freiwillig mehr Ferien gewähren. Manche Unternehmen bieten fünf oder sogar sechs Wochen Ferien pro Jahr an, je nach Unternehmenspolitik oder Dienstjahren. Auch Gesamtarbeitsverträge (GAV) können abweichende Regelungen betreffend Ferien enthalten, die die Mitarbeitenden besserstellen: z. B. sechs oder sogar sieben Wochen ab einem gewissen Alter. In der Schweiz gibt es über 500 GAV (Firmen- und Verbands-GAV). Es ist daher wichtig zu prüfen, ob man einem GAV unterstellt ist.
Wenn Sie in einem Teilzeitpensum arbeiten, berechnet sich der Ferienanspruch anteilig. Angenommen, Sie arbeiten 50 Prozent, also etwa 2,5 Tage pro Woche. Dann haben Sie Anspruch auf die Hälfte des Mindestanspruchs: zehn Tage Ferien pro Jahr. Bei einem Teilzeitpensum von 80 Prozent wiederum entspricht Ihr Ferienanspruch 80 Prozent des in der Schweiz gültigen Mindestanspruchs, also 16 Tage. Die genaue Berechnung kann je nach Arbeitsmodell und individuellen Vereinbarungen variieren. Bei einem Wechsel des Pensums verringert oder erhöht sich entsprechend auch Ihr Ferienanspruch.
In der Schweiz sind Ferien klar definiert als bezahlte freie Tage, die den Arbeitnehmenden zur Erholung dienen. Ferientage sollen ihnen eine Unterbrechung von der Arbeit ermöglichen, damit sie sich physisch und psychisch regenerieren können. Dies unterscheidet Ferien von anderen Arten von Abwesenheiten wie Feiertagen, Krankheitstagen oder unbezahltem Urlaub. Die Arbeitnehmenden sollten deshalb frei über die Gestaltung dieser Zeit entscheiden können und sind nicht zur Leistung von Arbeitsaufgaben verpflichtet. Während der Ferien erhalten sie ihre übliche Lohnzahlung weiter.
Davon deutlich abzugrenzen sind:
Der gesetzliche Ferienanspruch dient in erster Linie der Erholung und Regeneration der Arbeitnehmenden. Deshalb dürfen Arbeitgebende diesen Anspruch nicht einfach durch eine finanzielle Vergütung ersetzen. Ausnahmen sind hier spezielle Situationen, in denen Unternehmen Ferienanspruch auszahlen. Zum Beispiel, wenn nach einer Kündigung bzw. nach dem letzten Tag des Arbeitsverhältnisses Ferientage noch ungenutzt sind (und die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter diese dementsprechend nicht mehr nutzen kann). Grundsätzlich gilt jedoch, dass sämtliche offenen Ferientage bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses bezogen werden sollten.
Auch während der Kündigungsfrist sollten die Ferien wenn möglich bezogen und nicht durch eine Geldleistung abgegolten werden. Arbeitnehmende können deshalb verlangen, dass sie ihre restlichen Ferientage auch nach der Kündigung noch beziehen können. Arbeitgebende dürfen dies nur verweigern, wenn eine betriebliche Notlage vorliegt.
Häufiger umstritten ist die umgekehrte Situation. Eine Arbeitgeberin schickt den gekündigten Arbeitnehmer in die Ferien, obwohl er sich die Ferien lieber auszahlen lassen möchte. Hier ist zu differenzieren: Hat der Arbeitnehmer selbst gekündigt, ist der Bezug der noch offenen Ferien zumutbar. Hat dagegen die Arbeitgeberin die Kündigung ausgesprochen, muss der Arbeitnehmer in erster Linie eine neue Stelle suchen. Nach der Gerichtspraxis kommt es auf das Verhältnis zwischen der Dauer der Kündigungsfrist und der Anzahl der ausstehenden Ferientage an. Bei einer kurzen Kündigungsfrist und einem hohen Ferienanspruch besteht ein Anspruch auf Auszahlung der Ferien. Bei einer langen Kündigungsfrist und einem eher kurzen Ferienanspruch ist der Bezug der Ferien in natura zumutbar. Allerdings dürfen Ferien auch in der Kündigungsfrist nicht von einem Tag auf den andern angeordnet werden. Eine feste Verhältniszahl lässt sich der Gerichtspraxis nicht entnehmen, stets kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an. So ist beispielsweise der Ferienbezug eher zumutbar, wenn eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer bereits eine neue Stelle in Aussicht hat.
Bei einer Kündigung können Sie den Ferienanspruch in der Schweiz anteilig bis zum letzten Arbeitstag der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters berechnen. Teilen Sie dazu den jährlichen Ferienanspruch durch 12 Monate und multiplizieren Sie das Ergebnis mit der Anzahl der Monate, welche die betroffene Person im aktuellen Jahr gearbeitet hat.
In der Schweiz können Ferien unter bestimmten Umständen nach fünf Jahren Verjährungsfrist verfallen. Jedoch gibt es auch hierfür klare gesetzliche Regelungen, die im Obligationenrecht festgehalten sind. Grundsätzlich sollten Arbeitnehmende die Ferien innerhalb des jeweiligen Kalenderjahrs beziehen. Eine Übertragung der Ferien auf das nächste Jahr ist möglich, sofern dafür triftige Gründe vorliegen und dies in einem angemessenen Zeitraum geschieht (üblicherweise innerhalb der ersten drei Monate des Folgejahres). Als triftig gelten einerseits betriebliche Gründe – zum Beispiel, wenn es aufgrund einer hohen Arbeitsauslastung oder spezieller Projekte nicht möglich ist, frei zu nehmen. Andererseits zählen auch persönliche Gründe dazu, etwa wenn gesundheitliche Beschwerden vorliegen.
Gemäss Art. 329c Abs. 2 OR bestimmt die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber den Zeitpunkt der Ferien und nimmt dabei auf die Wünsche der Arbeitnehmenden soweit Rücksicht, als dies mit den Interessen des Betriebs vereinbar ist. Wenn Betriebe wegen Betriebsferien geschlossen werden, müssen Arbeitnehmende ihre Ferien in diesem Zeitraum beziehen.
Ausnahmen davon sind möglich. Z. B. soll ein Arbeitnehmer, der als intensives Hobby Wettkämpfe im Wintersport bestreitet, seine Ferien wenn möglich im Winter beziehen dürfen. Insofern findet auch hier eine Interessensabwägung statt, wobei den betrieblich-organisatorischen Interessen von Gesetzes wegen ein grösseres Gewicht eingeräumt wird. Soweit Arbeitnehmende gegen ihren Willen Betriebsferien nehmen müssen, soll ihnen erlaubt werden, zusätzlich zum Wunschzeitpunkt unbezahlten Urlaub zu nehmen. Werden die Betriebsferien weniger als 15 Tage vor ihrem Anfang bekannt gegeben, müssen Arbeitnehmende sie nicht als Teil ihrer Ferien akzeptieren. Die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber muss die Betriebsferien mindestens drei Monate im Voraus anordnen.
Übergeht die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber bei der Festsetzung der Ferien die Wünsche der Arbeitnehmenden, ohne dass dies durch betriebliche Interessen gerechtfertigt ist, so überschreitet sie oder er das Festsetzungsrecht. Erklärt z. B. eine Arbeitnehmerin unverzüglich ihren Widerspruch und bietet während der Ferien (die durch den Arbeitgeber angeordnet wurden) ihre Dienste an, so kann der Arbeitgeber in Annahmeverzug geraten und die Arbeitnehmerin kann die Ferien nachbeziehen.
Verweigert der Arbeitgeber der Arbeitnehmerin zu Unrecht den Ferienbezug zum gewünschten Zeitpunkt oder unterlässt er die rechtzeitige Ferienfestsetzung spätestens auf Ende des betreffenden Jahres, so kann die Arbeitnehmerin die Ferien nach erfolgloser Abmahnung eigenmächtig beziehen. Dieses Vorgehen ist jedoch heikel, weil eigenmächtiger Ferienbezug unter Umständen eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann.
Vereinbarte Ferien dürfen nicht geändert werden. Nur schwerwiegende Gründe rechtfertigen eine Verschiebung. Aus dringlichen und unvorhergesehenem Gründen darf der Ferienzeitpunkt kurzfristig durch die Arbeitgeberin oder den Arbeitgeber geändert werden, in Ausnahmefällen muss sogar ein Rückruf aus den Ferien akzeptiert werden. Der Arbeitnehmerin bzw. dem Arbeitnehmer ist dann allerdings der entstandene Schaden von der Arbeitgeberin bzw. vom Arbeitgeber zu ersetzen.
Wer wegen Krankheit oder Unfall ganz oder teilweise arbeitsunfähig ist, muss mit einer Ferienkürzung rechnen – aber erst bei längerer Abwesenheit (vgl. Art. 329b OR). Bei einer hundertprozentigen Arbeitsunfähigkeit gilt z. B. eine Schonfrist von einem Monat. Während dieser Zeit dürfen die Ferien nicht reduziert werden. Nach dieser Frist können Arbeitgebende das Ferienguthaben für jeden folgenden ganzen Monat der Abwesenheit um einen Zwölftel kürzen. Angefangene Monate werden nicht berücksichtigt.
Die Kürzung des Ferienanspruchs ist auch bei teilweiser Arbeitsverhinderung zulässig. Ist eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer nur teilweise arbeitsunfähig, ist die effektive Dauer der Arbeitsverhinderung zu berücksichtigen. Dies hat zur Folge, dass es bei einer Arbeitsunfähigkeit von 50 Prozent zum Beispiel doppelt so lange dauert, bis die Schonfrist ausgereizt ist und ein voller Abwesenheitsmonat vorliegt. Sobald aber die für eine Ferienkürzung erforderliche Dauer der Arbeitsverhinderung vorliegt, kann die Kürzung ungeachtet des Grades der Arbeitsunfähigkeit erfolgen. Die Kürzung von einem Zwölftel pro vollem Abwesenheitsmonat wird also nicht proportional zum Arbeitsunfähigkeitsgrad reduziert.
Zu beachten ist weiter, dass mit Beginn eines neuen Dienstjahres die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer Anspruch auf neue Schonfristen hat.
Bei Teilzeitarbeit mit unregelmässigen Pensen lässt es die Gerichtspraxis zu, dass eine Ferienentschädigung zusätzlich zum Lohn bezahlt wird. Diese Entschädigung muss jedoch sowohl im Arbeitsvertrag als auch auf jeder Lohnabrechnung speziell aufgeführt sein. Dies kann in Form einer Prozentzahl oder eines Frankenbetrags geschehen. Es genügt demnach nicht, «Ferien im Stundenlohn inbegriffen» in den Vertrag zu schreiben. Unterlässt die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber diese Angaben, so riskiert sie oder er eine doppelte Bezahlung der Ferien.