In den Ferien sollen sich Mitarbeitende erholen, so will es das Gesetz. Doch was, wenn eine Grippe Sie für mehrere Tage ins Bett zwingt und Ihnen die Badeferien auf Sardinien verleidet? Oder wenn ein gebrochener Knöchel abrupt die Skiferien in den Dolomiten beendet? Wir erklären Ihnen, wann Mitarbeitende im juristischen Sinn «ferienunfähig» sind und die verpassten Ferientage nachholen dürfen – und in welchen Fällen nicht.
Mein Chef verlangt von mir, dass ich als Teamleiterin in meinen Ferien ständig erreichbar bin. Darf er das?
Der Trend hin zur ständigen Erreichbarkeit verträgt sich nicht mit dem Willen des Gesetzgebers und der Fürsorgepflicht Ihres Arbeitgebers. Die Idee: Sie sollen sich in den Ferien erholen, damit Sie langfristig gesund und erwerbsfähig bleiben.
Erwartet Ihre Arbeitgeberin oder Ihr Arbeitgeberin, dass Sie von morgens bis abends erreichbar sind, können die betreffenden Tage nicht als Ferien angerechnet werden. Sie fallen unter Arbeitszeit, was bedeutet, dass Sie die Ferientage zu einem späteren Zeitpunkt beziehen dürfen. Denn man muss davon ausgehen, dass Sie sich durch die permanente «Grundanspannung» (wann meldet sich mein Chef?) nicht wirklich erholen können.
Diese Regelungen gelten grundsätzlich auch, wenn Sie in einer Führungsposition oder im Kader sind.
Mein Arbeitgeber hat diesen Sommer zwei Wochen Betriebsferien angeordnet. Werden mir die Ferientage vom Jahresurlaub abgezogen?
Gemäss Gesetz ist Ihr Arbeitgeber für die Festsetzung des Ferienzeitpunkts zuständig. Dabei muss er allerdings Rücksicht auf Ihre Bedürfnisse nehmen. Sie sollten die Möglichkeit haben, Ihre Ferien regelmässig zu beziehen. Die Anordnung von Betriebsferien steht der Pflicht zur Rücksichtnahme allerdings nicht entgegen. Will ein Unternehmen Betriebsferien festsetzen, so müssen diese im Arbeitsvertrag explizit festgehalten oder aber rechtzeitig, sprich mindestens drei Monate vorher, angeordnet werden.
Da Ihr Arbeitgeber Ihnen neben den Betriebsferien auch die Möglichkeit gewähren muss, zu einem individuellen Zeitpunkt Ferien zu beziehen, kann er nicht vier oder fünf Wochen Betriebsferien im Jahr anordnen. Zwei Wochen sind aber durchaus zulässig.
Kann mir meine Firma, die bis Ende Jahr nicht bezogenen Ferientage streichen?
Nein, nicht bezogene Ferien dürfen nicht per Ende Jahr gestrichen werden. Auch Vereinbarungen oder Klauseln im Arbeitsvertrag, die einen Verfall bei Nichtbezug vorsehen, sind unzulässig. Nichtbezogene Ferien am Ende des Jahres werden auf das nächste Jahr übertragen.
Was es jedoch zu berücksichtigen gilt, ist die gesetzliche Verjährung. Bei Ferien kommt die fünfjährige Frist zum Tragen. Sprich: Wenn Sie lange keine Ferien beziehen, kann es sein, dass der Anspruch darauf verfällt beziehungsweise Ihre Firma die Verjährungseinrede entgegenhalten kann. Wenn Sie in einer solchen Phase Ferien beziehen, werden diese aber mit dem jeweils ältesten Ferienanspruch verrechnet.
«Als Faustregel gilt: Eine Arbeitsunfähigkeit hat zwar in aller Regel auch eine Ferienunfähigkeit zur Folge, trotzdem schliesst eine Arbeitsunfähigkeit die Ferienfähigkeit nicht aus. Auch umgekehrt bedeutet Ferienunfähigkeit nicht zwingend auch eine Arbeitsunfähigkeit.»
Arbeitsunfähigkeit und Ferienunfähigkeit sind nicht dasselbe.
Unter einer Arbeitsunfähigkeit versteht man die durch eine Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit bedingte volle oder teilweise Unfähigkeit, im bisherigen Beruf zumutbare Arbeit zu leisten. Das heisst: Es liegt ein medizinischer Zustand vor, der Arbeitnehmende daran hindert, (ganz oder teilweise) der gewohnten Arbeit nachzugehen.
Eine Ferienunfähigkeit liegt hingegen dann vor, wenn eine Krankheit oder ein Unfall die Erholung während der Ferien vereitelt. Dazu braucht es ein erhebliches Mass an Beeinträchtigung und eine gewisse Intensität der Gesundheitsstörung. Zum Beispiel Krankheiten, die Sie ans Bett fesseln und regelmässige Arztbesuche erfordern. Eine kleinere Verletzung, die weder Anlass dazu gibt, zuhause zu bleiben, noch sonstige Tätigkeiten während der Ferien wesentlich behindert, beeinträchtigt den Wert der Erholung nicht. Darunter fallen beispielsweise Unwohlsein, Kopfschmerzen, Schnupfen, leichtere Zahnschmerzen, ein verstauchter Knöchel bzw. gebrochener Finger oder Sonnenbrand.
Ich habe mit meinem Partner eine dreiwöchige USA-Rundreise geplant. Der Flug und die meisten Hotelübernachtungen sind bereits bezahlt – eine Reiserücktrittsversicherung habe ich nicht. Nun hat mein Arbeitgeber für diese Zeit eine vierwöchige Urlaubssperre verhängt. Wer kommt für die Kosten auf?
Die Zuständigkeit für die Festsetzung des Ferienzeitpunkts liegt beim Arbeitgeber. Hat er jedoch die Ferien einmal bewilligt, kann er sie nicht einfach so widerrufen.
Gemäss Rechtsprechung müssen hierfür wichtige Gründe vorliegen – die Beweislast liegt beim Arbeitgeber. Als wichtige Gründe gelten ausserordentliche, unvorhergesehene und dringliche betriebliche Bedürfnisse. Oder anders gesagt: Es muss eine Notsituation vorliegen.
Keine Notsituation liegt vor, wenn Ihr Arbeitgeber schlecht geplant hat – und zum Beispiel Ferien von Mitarbeitenden bewilligt hat, ohne sie aufeinander abzustimmen.
Im konkreten Fall gilt: Wenn tatsächlich eine Notsituation vorliegt und Ihr Arbeitgeber von seinem Recht Gebrauch macht, die Ferien zu streichen, muss er für die daraus entstehenden Kosten wie Annullation und Umbuchungen aufkommen.
Dieselben Voraussetzungen gelten auch beim Ferienrückruf. Sprich: Wenn Sie sich bereits in den Ferien befinden und von Ihrem Arbeitgeber zurückbeordert werden.
Ich habe mir während der Badeferien auf Kreta den Fuss verstaucht. Trotz Arztzeugnis will mir meine Arbeitgeberin den Ferienbezug nach dem Unfall anrechnen. Die Begründung: Ich hätte mich trotzdem erholen können. Ist das rechtens?
Tatsächlich ist es so, dass eine Arbeitsunfähigkeit nicht zwingend auch eine Ferienunfähigkeit nach sich zieht (detaillierte Erläuterungen siehe Kasten oben).
Ein verstauchter Fuss hat in der Regel weder eine Bettlägerigkeit noch regelmässige Arztbesuche zur Folge. Es handelt sich um eine eher geringfügige Einschränkung, die den Erholungszweck Ihrer Ferien nicht wesentlich beeinträchtigt. Ihre Arbeitgeberin darf Ihnen daher den Nachbezug von Ferientagen verweigern.
«Wenn Sie in den Ferien krank werden oder einen Unfall haben, müssen Sie Ihre Arbeitgeberin oder Ihren Arbeitgeber umgehend informieren und ihr oder ihm ein ärztliches Zeugnis zukommen lassen.»
Mein Arbeitgeber will mir fünf Krankheitstage während der Ferien vom Lohn abziehen, weil ich das Arztzeugnis erst nach meiner Rückkehr eingereicht habe. Kann ich mich dagegen wehren?
Das Wichtigste vorweg: Ihr Arbeitgeber kann in diesem Fall nicht einfach Ihren Lohn kürzen. Im schlechtesten Fall erhalten Sie keine Feriennachgewährung für die fünf Krankheitstage. Das bedeutet, dass Ihnen diese Tage als Ferientage angerechnet werden.
Ob eine Arbeitgeberin oder ein Arbeitgeber die Feriennachgewährung mit der Begründung, das Arztzeugnis sei «verspätet eingereicht worden», verweigern darf, hängt stark vom Einzelfall ab. Grundsätzlich müssen Arbeitnehmende ihre Vorgesetzten auch während der Ferien umgehend davon in Kenntnis setzen, dass sie arbeitsunfähig/ferienunfähig sind – und ein Arztzeugnis einreichen.
Als Faustregel gilt: Je früher, desto besser. Geht es beispielsweise um die letzten beiden Tage einer einwöchigen Abwesenheit und wird das Zeugnis direkt anschliessend eingereicht, ist die Verweigerung unzulässig. Je länger die Zeitspanne zwischen Krankheit und Einreichung des Zeugnisses allerdings andauert, umso eher müssen Sie damit rechnen, dass Ihre Arbeitgeberin oder Ihr Arbeitgeber geltend macht, das Arztzeugnis sei zu spät eingereicht worden.
Wenn sich die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber weigert, ein zeitnah eingereichtes Zeugnis zu akzeptieren, muss der Anspruch gerichtlich eingefordert werden.
Wir empfehlen Ihnen daher, sich jeweils umgehend beim Arbeitgeber zu melden und ein Arztzeugnis so rasch als möglich nachzureichen.
Ich musste während meiner Ferien wegen einer Blutvergiftung drei Tage ins Spital und möchte meine Ferien nun entsprechend verlängern. Kann mir mein Arbeitgeber dies verweigern?
Ja. In einem Fall von Ferienunfähigkeit haben Sie zwar Anspruch auf Nachgewährung von Ferien im Umfang von drei Tagen. Aber Sie können nicht ohne vorgängige Absprache mit Ihrem Arbeitgeber die Ferien «eigenmächtig» verlängern.
Ihr Arbeitgeber hat das Recht, den Ferienzeitpunkt festzulegen, und kann somit auch eine Verlängerung Ihrer Ferien verweigern, wenn es die betrieblichen Interessen erfordern. Er muss Ihnen jedoch die Nachgewährung zu einem späteren Zeitpunkt bewilligen.
Ich lag während meiner Bike-Tour durch Vietnam mehrere Tage mit Fieber im Bett, eine Arztpraxis oder ein Spital war nicht in der Nähe. Meine Chefin will mir jedoch ohne ärztliches Zeugnis die Ferientage nicht anrechnen.
Die Beweispflicht für die Ferienunfähigkeit liegt beim Arbeitnehmenden, d. h. er muss Beweise liefern. Als gutes Beweismittel gilt beispielsweise ein Arztzeugnis. Der Arbeitnehmende kann aber auch auf andere Weise belegen, dass er ferienunfähig war.
In Bezug auf das Arztzeugnis ist einiges zu beachten. Ein Arztzeugnis bescheinigt in der Regel nur eine Arbeitsunfähigkeit. Wie oben bereits erläutert, zieht eine Arbeitsunfähigkeit nicht notwendigerweise eine Ferienunfähigkeit nach sich. Daher müssen Sie darauf achten, dass die Ärztin oder der Arzt – sofern dies aus medizinischer Sicht zutreffend ist – auch die Ferienunfähigkeit bzw. die Vereitelung des Ferienzwecks bescheinigt. Ob das Zeugnis von einer Ärztin oder einem Arzt im In- oder Ausland ausgestellt wurde, hat grundsätzlich keinen Einfluss auf den Beweiswert.
In Ihrem Fall dürfte es allerdings schwierig werden zu beweisen, dass Sie tatsächlich ferienunfähig waren. Wenn Ihre Chefin auf einem Arztzeugnis besteht und Sie nicht auf andere Weise belegen können, dass Sie ferienunfähig waren, werden Sie keine Nachgewährung der Ferien erhalten.
«Im Ausland und/oder von ausländischen Ärzten ausgestellte Arztzeugnisse haben denselben Beweiswert wie inländische. Selbst wenn sie in der entsprechenden Landessprache verfasst sind.»
Während meiner Ferien in Costa Rica hat mich eine Magen-Darm-Grippe für fünf Tage schachmatt gesetzt. Aber meine Chefin akzeptiert das ausländische Arztzeugnis nicht. Was kann ich tun?
Arztzeugnisse aus dem Ausland haben denselben Beweiswert wie diejenigen aus der Schweiz. Sofern das Arztzeugnis Auskunft darüber gibt, dass eine Ferienunfähigkeit vorgelegen hat bzw. der Erholungszweck der Ferien vereitelt wurde, besteht ein Anspruch auf Nachgewährung der Ferien.
Wenn Ihre Chefin das Arztzeugnis nicht akzeptiert, müssen Sie – wenn sich keine einvernehmliche Lösung finden lässt – Ihren Anspruch einklagen.
In solchen Situationen empfehlen wir Ihnen, das Gespräch mit Ihrer Chefin zu suchen. Möglicherweise sind von deren Seite lediglich kleinere Rückfragen notwendig, durch die sich ein Rechtsstreit vermeiden lässt. Denkbar wäre in diesem Fall beispielsweise, dass Sie die Ärztin oder den Arzt von ihrer oder seiner Schweigepflicht entbinden und Ihrer Chefin gestatten, ihre Fragen direkt zu klären.
Mein Flug von Madeira nach Zürich wurde wegen starken Windes annulliert und ich konnte erst einen Tag später zurückfliegen. Meine Arbeitgeberin will mir diesen Tag Arbeitsausfall vom Lohn abziehen. Darf sie das?
Hier ist entscheidend, welche Umstände zur verspäteten Rückkehr geführt haben.
So muss Ihre Arbeitgeberin bei Verhinderung an der Arbeitsleistung den Lohn nur dann bezahlen, wenn die Gründe für die Verhinderung in Ihrer Person liegen, wie zum Beispiel bei Krankheit oder Unfall.
Ist die Verhinderung auf äussere Umstände bzw. höhere Gewalt zurückzuführen – Verkehrsstaus, Naturkatastrophen, blockierte Bahnstrecken, Flugausfälle und ähnliches – darf der Arbeitgeber den Lohn entsprechend kürzen.
Fazit: In Ihrem Fall darf die Arbeitgeberin den Tag Arbeitsausfall vom Lohn abziehen.
Ich möchte im Sommer vier Wochen in einer Berghütte arbeiten, wofür ich auch einen kleinen Lohn erhalte. Muss ich meinen Arbeitgeber darüber informieren – und kann er es verbieten?
Ob ein kleiner Nebenverdienst in den Ferien zulässig ist oder nicht, hängt stark vom Einzelfall bzw. den konkreten Umständen ab. Wie bereits erwähnt: In den Ferien sollen sich Arbeitnehmende erholen, damit die langfristige Aufrechterhaltung ihrer Erwerbsfähigkeit gewährleistet ist.
Wenn Sie nun während Ihrer Ferien trotzdem einer Arbeitstätigkeit nachgehen und dadurch die Interessen Ihres Arbeitgebers gefährden, was insbesondere durch Konkurrenzierung oder Vereitelung des Ferienzwecks geschehen kann, darf dieser die Auszahlung des Ferienlohns verweigern.
Der Erholungszweck der Ferien ist aber gemäss Rechtsprechung nicht per se in Frage gestellt, wenn eine entgeltliche Arbeitsleistung für Dritte erbracht wird. Wenn Sie einen Bürojob haben und in den Ferien in einer Berghütte mitarbeiten oder einen Wanderweg reparieren, verletzen Sie obige Bestimmung in der Regel nicht.
Unabhängig davon empfehlen wir, Ihren Arbeitgeber vorab darüber zu informieren. Eine gesetzliche Pflicht hierzu besteht allerdings nicht.
Ich bin wegen eines Rückenleidens 50 Prozent krankgeschrieben und nehme im Sommer zwei Wochen Ferien. Werden mir in diesem Fall fünf oder zehn Tage vom Ferienkontingent abgezogen?
Ferienfähig ist man ganz oder gar nicht. Wenn trotz 50 Prozent Arbeitsunfähigkeit zehn Ferientage bezogen werden, so wird das Ferienkontingent in vollem Umfang belastet. Sprich: Ihnen werden zehn Ferientage abgezogen.
Ich bin seit mehreren Wochen krankgeschrieben. Darf ich trotzdem in die Ferien?
Das kommt auf den Einzelfall an. Arbeitsunfähigkeit ist nicht gleichbedeutend mit Ferienunfähigkeit (siehe auch die Infos im grauen Kasten oben). In der Praxis kann es durchaus vorkommen, dass Sie arbeitsunfähig, aber nicht ferienunfähig sind. Ausschlaggebend hierfür ist, ob die Krankheit dem Erholungszweck der Ferien entgegensteht oder nicht.
Wenn Sie bettlägerig sind, sollte klar sein, dass neben der Arbeitsunfähigkeit auch eine Ferienunfähigkeit vorliegt. Wenn Sie jedoch zum Beispiel Pianistin oder Schneider sind und sich die Hände übel verbrannt haben, liegt eine Arbeitsunfähigkeit vor. Diese Verletzung steht aber dem Erholungszweck der Ferien nicht zwingend entgegen. Daher dürften Sie in diesem Fall beispielsweise trotz Arbeitsunfähigkeit in die Ferien gehen.
Wichtig: Man kann nur ganz oder gar nicht ferienfähig sein. Wenn Sie zu 50 Prozent krankgeschrieben sind und Ferien beziehen, beziehen Sie die Ferientage vollumfänglich und nicht nur zu 50 Prozent.
Im Zweifelsfall empfehlen wir, Ihre Ärztin oder Ihren Arzt zu Rate zu ziehen. Wenn diese oder dieser eine Ferienfähigkeit trotz Arbeitsunfähigkeit bestätigt, dürfen Sie in die Ferien reisen.