Privatsphäre ist ein hohes Gut. Die eigene Wohnung sowie Räumlichkeiten mit einer ähnlich intimen Bedeutung sind deshalb rechtlich besonders geschützt. Wer dieses Recht verletzt, begeht in der Schweiz Hausfriedensbruch.
Ist jemand ohne Erlaubnis in Ihre vier Wände eingedrungen oder wird Ihnen genau das vorgeworfen? Dann ist es wichtig zu wissen, was Sie tun können – und was Sie tun sollten. Denn Hausfriedensbruch ist in der Schweiz eine Straftat und kann bei Anzeige rechtliche Folgen nach sich ziehen. Bei uns erfahren Sie mehr.
Vielleicht ist es Ihnen auch schon einmal passiert: Sie haben sich in der Adresse geirrt und standen plötzlich in einem fremden Garten oder Hausflur. Glücklicherweise führen derartige Versehen in der Regel nicht zu einer Verurteilung. Dennoch könnte auf den ersten Blick der Eindruck entstehen, Sie hätten Hausfriedensbruch begangen. Dieses Delikt zählt zu den Freiheitsdelikten, ist also ein «Verbrechen und Vergehen gegen die Freiheit». Denn in der Schweiz steht es jeder Person frei zu entscheiden, wer das eigene Haus, Gebäude oder Grundstück betreten und sich darin aufhalten darf.
Das StGB, das Strafgesetzbuch der Schweiz, regelt Hausfriedensbruch in Artikel 186 wie folgt:
«Wer gegen den Willen des Berechtigten in ein Haus, in eine Wohnung, in einen abgeschlossenen Raum eines Hauses oder in einen unmittelbar zu einem Hause gehörenden umfriedeten Platz, Hof oder Garten oder in einen Werkplatz unrechtmässig eindringt oder, trotz der Aufforderung eines Berechtigten, sich zu entfernen, darin verweilt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.»
Ein «umfriedeter Platz» ist in diesem Kontext ein Ort, der durch einen Zaun oder eine ähnliche Abgrenzung abgesteckt ist. Unter den entsprechenden Umständen bezieht sich Artikel 186 ausserdem nicht nur auf Wohnungen und Häuser: Auch Zelte, Hausboote und andere Orte, an denen Menschen leben oder sich aufhalten, können in Ausnahmefällen unter den Schutz des StGB fallen. Genauso können Gebäudeteile oder selbst einzelne Zimmer geschützt sein, beispielsweise in einem Hotel.
Hausfriedensbruch als Straftat basiert auf dem Hausrecht. Dieses erlaubt Privatpersonen und Unternehmen, die Kontrolle über ihr Eigentum bzw. ihren Besitz oder ihre Räumlichkeiten auszuüben und Personen den Zutritt zu verwehren oder sie des Geländes zu verweisen. Dabei geht es um den Schutz der Privatsphäre und des freien Willens. Damit es sich auch wirklich um Hausfriedensbruch gemäss der Gesetzlage in der Schweiz handelt, müssen bestimmte Tatbestandsmerkmale erfüllt sein:
Die Voraussetzungen für Hausfriedensbruch sind zwar übersichtlich, dafür müssen diese Punkte jedoch umso eindeutiger erfüllt sein. Hier ein paar praktische Beispiele für ein besseres Verständnis des Straftatbestands:
Ein besonderer Fall liegt bei Mietwohnungen und -häusern vor. Diese sind einerseits Eigentum der Vermieterin beziehungsweise des Vermieters. Andererseits überlässt die Vermieterschaft die Räumlichkeiten den Mietenden jedoch zur – mehr oder weniger – uneingeschränkten Nutzung. Abhängig von den konkreten Details des individuellen Mietvertrags können sich daher beide Seiten des Hausfriedensbruchs schuldig machen.
Auch wenn sie Gebäudeteile betreten, für die sie nicht autorisiert sind, machen sich Mietende unter Umständen strafbar.
Dasselbe gilt allerdings auch für die andere Seite: Vermieterinnen und Vermieter, die sich ohne ausdrückliche Zustimmung der Mietpartei im Mietobjekt aufhalten, begehen nach geltendem Recht in der Schweiz Hausfriedensbruch. Vermietende müssen die Privatsphäre und den ungestörten Genuss der gemieteten Räumlichkeiten respektieren. Das Betreten der Mietwohnung ohne Vorankündigung ist daher nur aus triftigen Gründen erlaubt, beispielsweise bei unmittelbarer Gefahr. Darüber hinaus dürfen Vermietende nicht eigenmächtig und ohne gerichtliche Anordnung Massnahmen für eine Zwangsräumung ergreifen, um Mieterinnen und Mieter aus der Wohnung zu entfernen. Genauso müssen Mietende nach einer Kündigung aber auch die betreffenden Räumlichkeiten verlassen. Tun sie das nicht, gilt das ebenfalls als Hausfriedensbruch.
Hausfriedensbruch macht in der Schweiz einen vergleichsweise kleinen Teil der Straftaten aus. 2020 erfüllten etwa 5116 Fälle den Straftatbestand. Zum Vergleich: Die Polizei registrierte im selben Jahr 32’819 Einbruch- und Einschleichdiebstähle. Je nach Schwere des Hausfriedensbruchs kommen Freiheitsstrafen infrage. Diese können bis zu drei Jahre betragen und erweitern sich gemäss Strafprozessordnung gegebenenfalls noch durch die anderen im Zuge des Hausfriedensbruchs begangenen Straftaten.
Apropos Strafe: Eine Strafverfolgung wegen Hausfriedensbruchs ist nur möglich, wenn eine Anzeige erstattet wird. Das Recht zur Anzeige und Antragstellung liegt ausschliesslich bei der berechtigten Person, in der Regel die oder dem Geschädigten. Falls Ihnen Hausfriedensbruch vorgeworfen wird, ist es ratsam, rechtlichen Beistand aufzusuchen, um angemessen auf die Vorwürfe zu reagieren. Der Besitz einer Rechtsschutzversicherung ist in jedem Fall von Vorteil, um auf die Expertise von Profis zurückgreifen zu können.