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Event Data Recorder − digitale Spuren aus dem Auto

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Seit Mitte 2022 müssen neue Fahrzeugmodelle einen Event Data Recorder (EDR) haben – auch in der Schweiz. Was es damit auf sich hat und wieso der EDR keine Blackbox ist, erklärt der Unfallforscher Stefan Liechti im Interview.

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    Stefan Liechti

    Stefan Liechti ist Senior Specialist Accident Research bei der AXA. Er arbeitet bereits seit 2015 in der Unfallforschung und Prävention. Davor war er Fahrzeugexperte und BVM Spezialist.

Stefan Liechti, was genau ist ein Event Data Recorder?

Der Event Data Recorder (EDR) – oder auf Deutsch «Ereignisdatenschreiber» – ist eine Art Blackbox, wie wir sie von Flugzeugen her kennen. Allerdings mit einem sehr entscheidenden Unterschied: Während die Blackbox eines Flugzeugs alles aufzeichnet, registriert der EDR eines Fahrzeugs nur Daten rund um ein besonderes Ereignis. Manche EDR zeichnen fortlaufend Daten auf und überschreiben bei problemloser Fahrt jeweils die vorangehenden paar Minuten. Andere EDR werden durch das Ereignis – beispielsweise eine abrupte Änderung der Geschwindigkeit – erst aktiviert.

Handelt es sich dabei um eine neuere Technologie?

Nein, im Grunde kennen wir diese Funktion längst – und bei vielen Neuwagen ist sie inzwischen Standard. In den USA wurden bereits im Jahr 1994 die ersten elektronischen Datenspeicher entwickelt und in Fahrzeugen verwendet. Zu dieser Zeit waren die Daten auf den Zeitpunkt der Kollision beschränkt. 2009 wurden die Daten dann auf 5 Sekunden vor dem Unfall erweitert, da die sogenannten Pre-Crash-Daten für die Unfallrekonstruktion viel wertvoller sind als nur eine Sekundenaufnahme. 2014 schliesslich wurde es in den USA obligatorisch, neue Personenwagen mit einem Event Data Recorder auszurüsten.

«In den USA wurden bereits 1994 die ersten elektronischen Datenspeicher in Fahrzeugen verwendet.»

Stefan Liechti, Senior Specialist Accident Research bei der AXA

Wie sieht es bei uns in der Schweiz aus?

In der EU und in der Schweiz wurde das entsprechende Gesetz per Juli 2022 eingeführt. Gleichzeitig wurden auch bestimmte Systeme der Fahrassistenz für neue Modelle obligatorisch – ab 2024 gelten diese Anforderungen dann für sämtliche Neufahrzeuge. Eine Nachrüstungspflicht besteht allerdings nicht.

Was hat denn der EDR mit Fahrassistenzsystemen zu tun?

Der Event Data Recorder verwendet dieselben Sensoren wie die Fahrassistenzsysteme. Denn damit Systeme wie Notbremsassistent, Müdigkeitswarner, Antiblockiersystem (ABS), elektronisches Stabilitätsprogramm (ESP) – überhaupt funktionieren, brauchen sie fahrdynamische Daten. Die gesammelten Informationen haben also eine doppelte Funktion: In erster Linie dienen sie der Sicherheit während der Fahrt. In zweiter Linie helfen sie, Unfälle aufzuklären.

Welche Daten speichert ein Event Data Recorder?

Die aufgezeichneten Daten können von Hersteller zu Hersteller leicht variieren. Folgende Informationen werden aber herstellerunabhängig aufgezeichnet:

• Geschwindigkeit

• Verzögerungen

• Beschleunigungen

• Fahrzeuginformationen zu Airbag-Auslösung, Sicherheitsgurt, Gaspedalstellung usw.

Macht der EDR jeden Unfall zu einem «klaren Fall»?

Nein, so einfach ist es leider nicht. EDR-Daten sollten die konventionelle Unfallrekonstruktion keinesfalls ersetzen, sondern ergänzen. Zudem müssen sie sorgfältig validiert werden. Aber natürlich hat sich die Unfallrekonstruktion durch den technischen Fortschritt verändert. Als es noch keine Assistenzsysteme gab, lieferten die Reifenspuren entscheidende Hinweise auf den Unfallhergang. Die elektronischen Regelsysteme, allen voran das Antiblockiersystem (ABS), verhindern heutzutage diese Spuren. Dafür haben die digitalen Spuren auf dem EDR stark an Wichtigkeit gewonnen.

Hat der Event Data Recorder auch Nachteile?

Für verantwortungsvolle Verkehrsteilnehmende, die sich an die Regeln halten, hat der Ereignisdatenschreiber nur Vorteile: Die Unfallrekonstruktion wird durch die zusätzlichen Informationen vereinfacht – die Schuldfrage ist oft leichter zu klären als früher. Das bringt grössere Rechtssicherheit mit sich.

«Für verantwortungsvolle Verkehrsteilnehmende hat der Event Data Recorder nur Vorteile.»

Stefan Liechti, Senior Specialist Accident Research bei der AXA

Stichwort Datenschutz: Wo und wie lange werden die Daten gespeichert?

Die Daten werden nicht etwa in einer Cloud, sondern direkt im Airbag-Steuergerät gespeichert. Dieses befindet sich in der Regel in der Mittelkonsole des Fahrzeugs. Sofern der Airbag bei der Kollision ausgelöst wurde, ist die Aufzeichnung dauerhaft gespeichert. Ein Löschen dieser Informationen ist nicht möglich.

Wie werden die Daten eines Event Data Recorder ausgelesen?

Da haben nur Profis Zugriff. Zum Auslesen braucht es ein spezialisiertes Gerät – das Bosch CDR (Crash Data Retrieval) Tool. Dieses wird mit der OBD-Schnittstelle (On Board Diagnose) des Fahrzeugs und mit einem Laptop verbunden. Das Auslesen der Daten erfolgt manuell. Die Daten werden direkt auf dem angeschlossenen Laptop angezeigt.

Wozu nutzt die AXA solche Daten?

EDR-Daten ermöglichen es, einen Unfallhergang möglichst sauber zu rekonstruieren. Bei der Klärung der Schuldfrage nach einem Unfall sind fahrdynamische Daten oft sehr aufschlussreich. Im Weiteren dient uns die Aufzeichnung des EDR auch beim Erkennen von Raserdelikten sowie bei der Betrugsbekämpfung.

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