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Bidirektionales Laden – die Zukunft der Elektromobilität?

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Mit dem Begriff bidirektionales Laden bezeichnet man die Fähigkeit eines Elektrofahrzeugs, nicht nur Strom zu laden, sondern auch Energie zu speichern und zurück ins Stromnetz einzuspeisen. Für Besitzerinnen und Besitzer eines E-Autos lohnt sich der Blick auf diese Entwicklung, wie Sie in diesem Beitrag erfahren.

Strom speichern mit dem eigenen Auto

Ein grundsätzliches Problem der erneuerbaren Energien liegt oftmals in der Speicherung des Stroms. Denn die Photovoltaikanlage auf dem Dach produziert Strom, wenn die Sonne scheint, aber nicht zwingend, wenn der Strom gebraucht wird. Die überschüssige Energie muss also im Idealfall gespeichert werden. Das kann mit speziellen Batterien gelingen, ist aber auch mit Kosten verbunden. Genau an dieser Stelle leistet das bidirektionale Laden einen wichtigen Beitrag. Denn das eigene E-Auto kann diese Speicherfunktion erfüllen. Im Regelfall wird es mit Strom geladen, um fahren zu können. Mit der richtigen Technologie kann jedoch das Elektroauto auch wieder Strom abgeben und damit zum Beispiel die überschüssige Energie der Solaranlage speichern und später ins Stromnetz zurückführen. 

Gleich- und Wechselstrom – die technischen Besonderheiten

Beim Laden und Entladen spielt der Unterschied zwischen Wechselstrom und Gleichstrom eine entscheidende Rolle. Wechselstrom (AC) wird im Stromnetz eines jeden Haushalts verwendet. Bei der Übertragung von Energie zwischen dem Stromnetz und dem Elektrofahrzeug wird der Wechselstrom in der Regel mit einem On-Board-Ladegerät (OBC) im Fahrzeug und dem darin verbauten Gleichrichter in Gleichstrom (DC) umgewandelt, um die Batterie des Fahrzeugs zu laden. Um im Haus bzw. im Stromnetz genutzt zu werden, muss der Strom jedoch auch in entgegengesetzter Richtung fliessen. Dafür ist ein Wechselrichter im Fahrzeug oder in der Wallbox nötig. Dadurch lässt sich der Gleichstrom der Batterie in Wechselstrom umwandeln.

So lässt sich der Strom aus dem Auto weiterverwenden

Es gibt verschiedene Methoden, wie der im Auto gespeicherte Strom genutzt werden kann. Diese werden meist mit der Abkürzung V2X, Vehicle-to-Everything, bezeichnet. Im Folgenden haben wir eine Übersicht über die drei bekanntesten Varianten zusammengestellt:

  • V2L: Vehicle-to-Load funktioniert ganz einfach über eine im Fahrzeug verbaute Steckdose, an die verschiedene Geräte angeschlossen werden können. Das ist praktisch für den Campingplatz oder für alle weiteren Geräte, die im Alltag benötigt werden und deshalb regelmässig geladen werden müssen. 
  • V2H: Vehicle-to-Home bezieht sich auf die Nutzung der Batterie eines Elektroautos zur Stromversorgung zu Hause. Dabei wird das Auto wie üblich an die betreffende Wallbox des Hauses angeschlossen. Bei Bedarf kann nun der vorher geladene Strom für den Haushalt verwendet werden. Für Personen mit Eigenheim und im Besitz einer Photovoltaikanlage ist dies besonders interessant: Denn die Batterie fungiert als Zwischenspeicher für die Sonnenenergie.
  • V2G: Von Vehicle-to-Grid spricht man, wenn die zusätzliche Energie von einem Elektrofahrzeug in das gesamte Stromnetz zurückgeführt wird, um Schwankungen und Belastungsspitzen auszugleichen. Im Sinne der Nachhaltigkeit und gesellschaftlichen Versorgung mit erneuerbaren Energien liegt in dieser Variante sicherlich das grösste Potenzial für die Zukunft.

Wichtige Norm für bidirektionales Laden

ISO 15118-20 ist eine internationale Norm für das bidirektionale Laden von Elektrofahrzeugen und beschreibt die Kommunikation zwischen dem Fahrzeug und der Ladeinfrastruktur. Die Norm definiert die Schnittstellen und die Kommunikationsprotokolle, die für das bidirektionale Laden notwendig sind.

Sie legt auch fest, wie Informationen über den Ladezustand der Batterie und den verfügbaren Stromfluss zwischen dem Fahrzeug und der Ladeinfrastruktur ausgetauscht werden können.

Anwendungsbereiche und Funktionen von bidirektionalem Laden

Bidirektionales Laden bedient potenziell verschiedene Anwendungsbereiche, die einen wichtigen Beitrag zur Energiewende und zur nachhaltigen Energieversorgung leisten können. 

  • Stabilisierender Speicher: Liegt kurzzeitig ein hoher Energiebedarf vor oder kommt es zu Spitzenlasten, besteht die Gefahr von Engpässen im Stromnetz. In solchen Fällen kann bidirektionales Laden dazu beitragen, das Netz zu stabilisieren, indem es überschüssige Energie aus Elektrofahrzeugbatterien ins Stromnetz zurückführt.
  • Nachhaltiger Speicher: Überschüssige Energie, die zum Beispiel von Solaranlagen produziert wird, kann in Batterien nachhaltig gespeichert werden. Die Rückführung ins Stromnetz kann beliebig zeitverschoben erfolgen.
  • Privater Speicher: Elektrofahrzeugbatterien können als Energiespeicher für private Zwecke genutzt werden. In Zeiten von geringer Energieproduktion oder hohem Energiebedarf können Elektrofahrzeugbatterien dabei helfen, den eigenen Energiebedarf zu decken. 
  • Mobiler Speicher: Ein weiterer Anwendungsbereich von bidirektionalem Laden ist die Nutzung von Elektrofahrzeugen als mobiler Stromspeicher bei Veranstaltungen oder in Katastrophensituationen, um medizinische Geräte zu betreiben oder die Stromversorgung von Krankenhäusern sicherzustellen.

Elektroautos in der Schweiz

Die Anzahl an immatrikulierten Elektroautos ist in den vergangenen Jahren konstant angestiegen. Über 169'000 waren es Ende 2023. Trotz der hohen Anzahl machen diese Modelle erst einen Anteil von 3,3 Prozent aller PW aus. 

Das erklärt auch, warum es beim bidirektionalen Laden und den entsprechenden Möglichkeiten noch Nachholbedarf gibt: Letztlich ist der gesamtgesellschaftliche Nutzen mit dieser Quote noch relativ gering. Setzt sich der anhaltende Trend zum E-Auto weiter fort, wird es auch beim bidirektionalen Laden stärkere Fortschritte geben.

Technische Herausforderungen und Lösungsansätze

Obwohl bidirektionales Laden viele Vorteile bietet, gibt es einige technische Herausforderungen, die gelöst werden müssen, wenn das System flächendeckend zur Anwendung kommen soll:

  • Auswirkungen auf die Lebensdauer der Batterien: Eine der grössten Herausforderungen beim bidirektionalen Laden ist die Belastung der Fahrzeugbatterien. Das ständige Laden und Entladen kann zu einer verkürzten Lebensdauer führen. Ausserdem verläuft das Laden nicht linear, was eine ungleichmässige Belastung der Batterie zur Folge hat. Eine mögliche Lösung für diese Probleme wäre die Verwendung von intelligenten Lademanagementsystemen, die den Lade- und Entladevorgang optimieren und die Belastung der Batterien ausgleichen. Daneben stellt sich zudem die Frage der Herstellergarantie. Schliesslich wird die Batterie deutlich mehr beansprucht als beim normalen Gebrauch im Strassenverkehr. Es müsste also geklärt werden, inwiefern weiterhin dieselben Garantieansprüche gelten.
  • Technische Unterschiede: Mittlerweile gibt es eine Vielzahl an E-Autos auf dem Markt. Diese weisen selbstverständlich einige Unterschiede auf. Was grundsätzlich eine breite Auswahl für Interessenten bedeutet, kann im Sinne des bidirektionalen Ladens zum Problem werden. Denn die Art der Batterie, die vorherrschende Spannung und weitere Aspekte brauchen Technologie, die mit all diesen Unterschieden gleichermassen umgehen kann. Andernfalls drohen Schäden am Auto und an der Wallbox.
  • Anpassungen am Stromnetz: Das bidirektionale Laden hat ebenfalls Auswirkungen auf das Stromnetz. Durch das Zurückführen von überschüssiger Energie kann es zu Überlastungen oder Spannungsschwankungen kommen, die das Stromnetz destabilisieren können. Um diese Probleme zu vermeiden, müssen geeignete Anpassungen vorgenommen werden, wie z. B. der Einsatz von Smart Grid-Technologien
  • Rechtliche Rahmenbedingungen: Bidirektionales Laden ist noch eine relativ neue Technologie, für die es noch keine einheitlichen Regulierungen und rechtlichen Rahmenbedingungen gibt. Um eine erfolgreiche Integration in den Mobilitätsmarkt zu ermöglichen, müssen dementsprechend geeignete Rahmenbedingungen definiert werden. Dazu gehören beispielsweise die Festlegung von Standards für die Ladetechnologie, die Frage des Datenschutzes sowie die Schaffung von Anreizen für die Nutzung von bidirektionalem Laden, wie z.B. steuerliche Vorteile oder Förderprogramme. Es braucht die grundsätzliche rechtliche Einordnung, wie damit umzugehen ist, dass das Fortbewegungsmittel Auto nun auch Energiespeicher wird.

Eine erfolgreiche Verbreitung des bidirektionalen Ladens wird nur gelingen, wenn diese Hürden langfristig überwunden werden. Allerdings gibt es bereits vielversprechende Lösungsansätze, wie die Verwendung von intelligenten Lademanagementsystemen oder die Anpassung des Stromnetzes durch Smart Grid-Technologien. Dabei handelt es sich um intelligente Lösungen, die Erzeugung, Speicherung und Verbrauch von Strom aufeinander abstimmen. Die Integration von bidirektionalem Laden in die Bemühungen rund um die Energiewende kann einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Energieversorgung leisten und die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen reduzieren.

Mit welchen E-Autos funktioniert das bidirektionale Laden

Nicht alle Autos sind zum bidirektionalen Laden fähig. Folgende Autos kommen für Sie zum Beispiel in Frage, wenn Sie bidirektionales Laden nutzen möchten:

  • VW ID.3
  • VW ID.4
  • VW ID.5
  • VW ID. Buzz
  • Nissan Leaf
  • Nissan e-NV200
  • Volvo EX90
  • Skoda Enyaq
  • Polestar 3
  • Mitsubishi Outlander Plug-in Hybrid
  • Mitsubishi i-MiEV / Citroën C-Zero / Peugeot iOn
  • Mitsubishi Eclipse Cross Plug-in-Hybrid
  • Hyundai Ioniq 5/6
  • Kia EV6
  • Honda e
  • MG 4
  • MG 5

(Stand: 04/2023)

In Zukunft werden weitere Modelle hinzukommen. Viele Hersteller haben die Integration dieses Features für bestimmte Autos bereits angekündigt. Aber nicht nur das Auto muss die notwendige Technologie für das bidirektionale Laden mitbringen. Auch die passende Wallbox braucht es. Bekannte Hersteller in diesem Bereich sind zum Beispiel ABB, Entratek, Evtec oder Wallbe.

Zukünftige Entwicklungen und Perspektiven

Bidirektionales Laden wird in den kommenden Jahren voraussichtlich eine immer wichtigere Rolle spielen. Die folgenden Entwicklungen sollten Sie dabei genau verfolgen.

  1. Marktentwicklung und Akzeptanz: Der Markt für bidirektionales Laden ist derzeit noch relativ klein, das wird sich aber vermutlich ändern. Einer der Haupttreiber dieser Entwicklung ist die wachsende Nachfrage nach erneuerbaren Energien und die damit einhergehende Notwendigkeit, Strom aus Energiequellen wie Wind- und Solarenergie effektiver zu speichern und damit effizienter zu nutzen. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die zunehmende Akzeptanz von Elektrofahrzeugen bei Privatpersonen und Unternehmen. Gerade die Energiekrise 2023 hat gezeigt, dass es dringend notwendig ist, sich mit nachhaltigen Energien zu beschäftigen.
  2. Weiterentwicklung: Um das Potenzial von bidirektionalem Laden voll ausschöpfen zu können, sind weitere Entwicklungen und Fortschritte in der Technologie und Infrastruktur erforderlich. Dazu gehören beispielsweise die Verbesserung der Batterietechnologie und die Entwicklung von intelligenten Lademanagementsystemen, welche die Lade- und Entladevorgänge optimieren und die Belastung der Batterien ausgleichen können.
  3. Potenzial: Bidirektionales Laden hat das Potenzial, einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung der Energiekrise zu leisten, indem es dabei hilft, den Anteil erneuerbarer Energien am Strommix zu erhöhen. Langfristig kann damit die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen verringert werden.

Fazit: Das bidirektionale Laden steckt voller Potenzial

Bidirektionales Laden stellt eine innovative Technologie dar, die es ermöglicht, Energie zwischen Fahrzeug und Stromnetz hin- und herzuleiten. Die Funktionsweise beruht auf einer intelligenten Steuerung von Ladevorgängen und Stromflüssen, bei der überschüssige Energie aus dem Fahrzeug in das Stromnetz eingespeist oder das Fahrzeug als mobiler Energiespeicher genutzt wird. Dadurch eröffnen sich zahlreiche Anwendungsbereiche für die Stromnetzstabilisierung und die Integration erneuerbarer Energien in das Stromnetz.

Allerdings gibt es noch technische Herausforderungen bei der Umsetzung von bidirektionalem Laden, wie die Lebensdauer von Fahrzeugbatterien, die Anpassungen des Stromnetzes sowie die notwendigen Regulierungen und rechtlichen Rahmenbedingungen. An diesen Stellschrauben müssen Konzerne und Gesetzgeber gleichermassen Fortschritte erzielen, um die Technologie flächendeckend erschwinglich zu gestalten und letztlich auch Endverbraucherinnen und -verbraucher von der Nutzung zu überzeugen. 

Häufig gestellte Fragen zum bidirektionalen Laden

Was ist bidirektionales Laden?

Bidirektionales Laden ermöglicht es, dass Elektrofahrzeuge nicht nur Energie aus der Ladeinfrastruktur beziehen können, sondern auch dass überschüssige Energie aus der Fahrzeugbatterie zurück ins Stromnetz eingespeist werden kann.

Welche Vorteile hat bidirektionales Laden?

Bidirektionales Laden bietet mehrere Vorteile, wie z.B. die Möglichkeit, das Stromnetz zu stabilisieren und erneuerbare Energien besser zu nutzen. Es kann auch dazu beitragen, die Kosten für den Netzausbau zu reduzieren, da die Batterien von Elektroautos als temporäre Energiespeicher dienen.

Wie funktioniert bidirektionales Laden?

Bidirektionales Laden erfordert eine Ladeinfrastruktur und ein Elektrofahrzeug mit einer bidirektionalen Ladeeinrichtung. Bei der Ladung wird Energie aus der Ladeinfrastruktur in die Batterie des Fahrzeugs übertragen. Beim Entladen wird die Energie aus der Batterie des Fahrzeugs zurück in die Ladeinfrastruktur geführt. Das ist zum Beispiel dann sinnvoll, wenn eine Photovoltaik-Anlage Strom produziert, der gerade nicht gebraucht wird.

Ist bidirektionales Laden erlaubt in der Schweiz?

Es gibt kein Gesetz, das bidirektionales Laden verbietet, insofern dürfen Sie im Rahmen der geltenden Regeln und mit den passenden Produkten (E-Auto, Wallbox) bidirektionales Laden nutzen.

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