Valeria Bianco, Sie verantworten den Bereich Nachhaltigkeit bei den AXA Immobilien. Welche Aufgaben beinhaltet Ihre Funktion?
Sehr vielfältige. Ich bin zum einen für diverse Projekte in diesem Bereich verantwortlich, wie zum Beispiel die Förderung der Photovoltaik auf unseren Dachflächen, den Ausbau der Elektromobilität oder für die übergeordnete Datenerfassung und das Reporting des ökologischen Fussabdrucks gegenüber Stakeholdern wie unseren Investoren. Zum anderen entwickle ich unsere Nachhaltigkeitsstrategie weiter und sorge dafür, dass unsere Zielsetzungen in den verschiedenen ESG-Themenbereichen umgesetzt werden. Wesentliche Aspekte sind hierbei die Entwicklung von übergeordneten Leitfäden und die Kompetenzförderung meiner Kolleginnen und Kollegen in Sachen Nachhaltigkeit. Manchmal werde ich auch bei ganz spezifischen Fragestellungen in Bauprojekten hinzugezogen, um unsere Nachhaltigkeitsvorgaben am Gebäude einzubringen.
Die AXA verwaltet in der Schweiz über 700 Liegenschaften mit rund 20'000 Wohnungen, dazu kommen Büro- und Gewerbeflächen. Wo steht die AXA mit ihren Nachhaltigkeitsbemühungen?
Wir sind mittlerweile längst aus den Kinderschuhen herausgewachsen und haben grosse Schritte in Sachen Nachhaltigkeit unternommen. So verfolgen wir einen ganzheitlichen Nachhaltigkeitsansatz bei der Verwaltung unserer Immobilien und berücksichtigen diverse Aspekte wie Energieeffizienz und CO2-Ausstoss oder Barrierefreiheit und Mieterzufriedenheit über den ganzen Lebenszyklus eines Gebäudes – und dies nicht nur bei Bauprojekten. Unsere proaktive Herangehensweise ist mitunter auch der Grundüberzeugung der AXA geschuldet, dass eine 4°C wärmere Welt nicht versicherbar ist. So haben wir beispielsweise schon vor fast fünfzehn Jahren die United Nations Principles for Responsible Investment (auf Englisch) unterzeichnet und schon früh angefangen, unsere Öl- und Gasheizungen nur noch durch erneuerbare Energieträger zu ersetzen.
Gerade beim CO2-Ausstoss und beim Energieverbrauch können im Immobilienbereich grosse Hebel in Bewegung gesetzt werden.
Ja, in der Tat. Der Gebäudepark in der Schweiz ist mit rund einem Viertel des gesamten CO2-Ausstosses der zweitgrösste Emittent nach dem Verkehr. Wir haben uns im Rahmen der Net Zero Asset Owner Alliance (auf Englisch) zum Ziel gesetzt, dass der von uns verwaltete Gebäudepark bis spätestens 2050 Netto-Null CO2-Emissionen ausstösst. Dies wollen wir erreichen, indem wir beim Heizen und beim Stromverbrauch konsequent auf erneuerbare Energie setzen und sowohl im Betrieb als auch bei Sanierungen die Energieeffizienz unserer Gebäude deutlich steigern. Gleichzeitig richten wir unser Augenmerk zunehmend auf ressourcenschonendes Bauen und versuchen auch hier, durch kreislauffähige Konzepte die CO2-Emissionen im Bau möglichst zu reduzieren.
Welche Herausforderungen beschäftigen Sie weiter
Der Klimawandel ist sicherlich eine der grössten Herausforderungen unserer Zeit, aber Veränderungen bieten immer auch Chancen. Ich denke hierbei beispielsweise an Elektroautos, welche im Vergleich zu Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren deutlich leiser unterwegs sind und die Städte nicht zusätzlich mit Abgasen belasten. Ausserdem können wir zukünftig unsere parkierten Elektroautos zu mobilen Batteriespeichern umfunktionieren und in sogenannten «Smart Grids» die Energie im Gebäude beziehungsweise im Quartier zwischen Stromerzeugern und Verbrauchern möglichst effizient nutzen.
«Wenn wir dem Klimawandel entgegenwirken möchten, müssen wir in den kommenden Jahrzehnten wesentliche Veränderungen vollziehen.»
Gibt es auch Probleme, die nicht gelöst werden können?
Ich glaube, die Frage ist vielmehr, bis wann wir gewisse Probleme gelöst haben werden, da die Dringlichkeit der entscheidende Faktor ist. Wenn wir dem Klimawandel entgegenwirken möchten, müssen wir in den kommenden Jahrzehnten wesentliche Veränderungen vollziehen. Eine grosse Herausforderung sehe ich beispielsweise im Bereich der Kreislaufwirtschaft. Hier gibt es bereits viele spannende Konzepte und vereinzelt auch erfolgreiche Praxisbeispiele, die Kreislaufwirtschaft ist aber insbesondere in der Baubranche noch nicht der Standard. Wenn wir den Klimawandel und folglich auch die Biodiversitätskrise aufhalten möchten, muss ein globales Umdenken stattfinden, indem ganze Lieferketten kreislauffähig werden.
Nachhaltigkeit heisst nicht nur Ökologie. In welchen Bereichen engagiert sich die AXA sonst noch?
Gebäude beeinflussen unser tägliches Leben massgeblich. Das Wohlergehen unserer Mieterinnen und Mieter ist uns daher besonders wichtig. Bei unseren Bauprojekten achten wir auf gutes Raumklima, einen optimalen Immissionsschutz und barrierefreie Grundrisse. Wir führen regelmässige Mieterbefragungen durch, welche uns konkreten Handlungsspielraum für Verbesserungen aufzeigen. Auf mehreren Liegenschaften haben wir in den vergangenen zwei Jahren soziokulturelle Projekte gestartet, mit denen wir den nachbarschaftlichen Austausch und eine gemeinsame Siedlungsidentität fördern. Und als institutioneller Investor gehören wir ausserdem zu einem der ersten, die das Konzept des Generationenwohnens umgesetzt haben.
Immobilien haben einen grossen Effekt im Bereich der Nachhaltigkeit, da neben ökologischen auch gesellschaftliche, wirtschaftliche und soziale Aspekte einfliessen. Die AXA bezieht deshalb die ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) in ihre Entscheidungen mit ein. Der vorliegende Nachhaltigkeitsbericht zeigt auf, was in den letzten Jahren erreicht wurde und welcher Beitrag zu den nationalen und internationalen Klimazielen geleistet werden kann.
Valeria Bianco arbeitet bei AXA Investment Managers Schweiz und verantwortet dort die Nachhaltigkeitsthemen für den Immobilienbereich. Sie hat Umweltnaturwissenschaften mit Vertiefung in Biogeochemie und Schadstoffdynamik an der ETH studiert. Als Beirätin der Klimastiftung Schweiz bringt sie ausserdem für die AXA ihr Fachwissen bei der Beurteilung der Förderanträge mit ein und hilft, den CO2-Aussstoss der Schweizer KMU zu reduzieren.