Die AXA setzt bereits seit Jahren auf Nachhaltigkeit – auch bei ihren Anlagen. Welche Schwerpunkte die AXA verfolgt und was diese für die Anlageentscheide bedeuten, erläutert Daniel Gussmann, Chief Investment Officer der AXA Schweiz, im Interview.
Daniel Gussmann, welche Rolle spielen nachhaltige Anlagen bei der AXA?
Als Versicherer sind wir von Klimaereignissen und anderen globalen Risiken direkt betroffen, daher beschäftigen wir uns schon sehr lange und intensiv mit diesen Themen. Es gehört zu unserem ureigensten Interesse, für eine nachhaltige und gesunde Welt zu sorgen. Die AXA ist deshalb bestrebt, in Nachhaltigkeitsthemen eine Pionierrolle einzunehmen. Wir sind überzeugt, dass ein verantwortungsbewusster und nachhaltiger Einsatz sämtlicher Ressourcen langfristig für alle Beteiligten mehr Wert schafft – sowohl für unsere Kundinnen und Kunden als auch für die Gesellschaft als Ganzes.
Ist Nachhaltigkeit nicht einfach eine Notwendigkeit der heutigen Zeit?
Das ist so. Man kann sich heute als Firma den Nachhaltigkeitsdiskussionen nicht mehr entziehen. Es gibt aber sehr grosse Unterschiede, wie stark Firmen das Thema tatsächlich in ihr Geschäftsmodell integriert haben. Wenn man es ernst meint, reicht es nicht, nur darüber zu sprechen.
Was macht die AXA konkret?
Die AXA Gruppe treibt das Thema bereits seit Jahren stark voran und verfügt über eine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie. Um deren Wirkung und Fortschritte laufend zu messen, hat die AXA ein eigenes Messsystem – den sogenannten AXA for Progress Index – entwickelt. Dieser ist für sämtliche AXA Einheiten verbindlich und bewertet die Zielerreichung der Nachhaltigkeitsbestrebungen der AXA als Versicherin, als Investorin sowie als vorbildliches Unternehmen generell.
Was bedeutet das in Bezug auf die Investitionen der AXA genau?
Wir beziehen die Kriterien Umwelt, Soziales und Unternehmensführung, also die sogenannten ESG-Kriterien (Environmental, Social und Governance) bei den Anlageentscheiden mit ein. Nachhaltigkeitskriterien spielen somit eine Schlüsselrolle im Investitionsprozess. Firmen, die im Widerspruch zu unseren ESG-Standards stehen, schliessen wir aus. Diese sogenannte Ausschlussliste gilt übrigens nicht nur für unsere Investitionen, sondern auch im Versicherungsbereich.
Welche Geschäftsfelder betrifft das vor allem?
Ausgeschlossen werden unter anderem Unternehmen der Tabak-Produktion, Produzenten von Palmöl oder Soja, die in Zusammenhang mit der Rodung von Regenwald stehen, Firmen, die geächtete Waffen entwickeln, herstellen oder mit solchen handeln, sowie alle Firmen, deren Umsatz unter anderem zu mehr als 15 Prozent durch Kohlegewinnung oder Energieerzeugung aus Kohle stammt.
«Firmen, die nachhaltig unterwegs sind, sind auch wirtschaftlich erfolgreicher.»
Wie setzen Sie dies bei Ihren Anlageentscheiden konkret um?
Wir bewerten Firmen anhand unserer klar festgelegten ESG-Standards und verfolgen die Entwicklung der Unternehmen regelmässig. Erfüllt eine Firma unsere ESG-Richtlinien nicht und sind keine Verbesserungen erkennbar, so wird diese Firma auf die sogenannte Ausschlussliste zwecks Desinvestitionen gesetzt. Das bedeutet, dass wir keine weiteren Investitionen in diese Unternehmen mehr tätigen und uns aus Geschäftsfeldern zurückziehen. Diese Standards setzen wir konsequent um und schliessen gewisse Sektoren und Bereiche teilweise oder ganz aus. Aktuell analysieren und bewerten wir mehr als 8000 Unternehmen (kotierte und nicht kotierte Unternehmen inklusive Tochtergesellschaften, AXA Group Responsible Investment Policy).
Weiter ist AXA mit mehr als 300 multinationalen Firmen in einem aktiven Dialog und versucht hier, die Unternehmen auf dem Pfad in eine nachhaltigere Zukunft zu begleiten und unterstützen.
Haben nicht alle grösseren Firmen solche Ausschlusslisten?
Die AXA geht in vielen Punkten sehr viel weiter als andere Firmen. Diese Vorreiterrolle verdanken wir unter anderem dem Umstand, dass die französische Regierung deutlich strengere Regeln für die Verantwortung von Unternehmen erlassen hat, als dies in anderen europäischen Ländern üblich ist. So gesehen ist es für uns ein Vorteil, dass unser Mutterhaus in Frankreich ist. Und die AXA Gruppe geht sogar deutlich weiter, als dies der französische Staat fordert.
Dass die AXA in vielen Nachhaltigkeitsaspekten eine Vorreiterrolle übernommen hat, zeigt sich auch in unabhängigen Ratings, wie etwa dem «MSCI ESG Research»-Ranking, bei dem die AXA mit 10/10 Punkten im Bereich «Nachhaltiges Investieren» ein AAA-Rating erreicht hat.
Ist Klimaschutz das wichtigste Nachhaltigkeitsthema der AXA oder wo liegt der Fokus?
Der Klimaschutz ist definitiv ein Schwerpunkt unserer Strategie. Die AXA hat bereits 2015 als erster grosser Versicherer den sukzessiven Ausstieg aus der Kohle-Industrie bekannt gegeben. Unser Ziel ist eine Welt mit null Prozent Kohleenergie. Den kompletten Ausstieg werden wir bis zum Jahr 2030 im OECD-Raum und weltweit bis zum Jahr 2040 vollziehen.
In Übereinstimmung mit dem Pariser Klimaabkommen haben wir uns zudem das Ziel gesetzt, das Erderwärmungspotential unserer eigenen Anlagen bis 2050 auf unter 1,5 °C zu begrenzen. Auch bei den Immobilien zieht die AXA ESG-Kriterien mit ein und strebt hier bis 2050 Netto-Null CO2-Emissionen an. Daneben gibt es zahlreiche weitere Bestrebungen, zum Beispiel ist die AXA Mitglied der Klimastiftung Schweiz und hat ihren eigenen Energieverbrauch zwischen 2021 und 2023 um 60% reduziert.
Klimaschutz ist aber natürlich längst nicht das einzige Thema, das uns beschäftigt. Auch Themen wie soziale Gerechtigkeit, Gesundheit und Prävention sind uns wichtig und Teil unserer Nachhaltigkeitsstrategie.
Welche Ziele hat sich die AXA für die kommenden Jahre gesetzt?
Neben dem sukzessiven Ausstieg aus der Kohleindustrie und der konsequenten Umsetzung der ESG-Richtlinien investierte die AXA Gruppe bis Ende 2023 insgesamt 29,9 Milliarden Euro für umweltfreundliche Investitionen, sogenannte Green Investments. Darüber hinaus investiert die AXA in sogenannte «Transition Bonds», eine innovative, von der AXA konzipierte Anlageklasse, die u.a. Unternehmen beim Übergang von kohlenstoffintensiven zu kohlenstoffärmeren Geschäftsmodellen unterstützt.
Im Alleingang lassen sich die relevanten Nachhaltigkeitsthemen aber selbstverständlich nicht lösen. Um positive Entwicklungen zu fördern, nehmen wir auch unsere Stimmrechte an den General- und Aktionärsversammlungen der Unternehmen wahr, in die wir investiert sind, und suchen den direkten Dialog, um Nachhaltigkeitskriterien stärker zu verankern.
Wir sind seit Jahren Mitglied diverser nationaler und internationaler Initiativen wie etwa UN PRI (United Nations Principles for Responsible Investment), UN Global Compact, Net-Zero Asset Owner Alliance oder Swiss Sustainable Finance, und beteiligen uns so aktiv an der Entwicklung von nachhaltigen Finanzdienstleistungen.
Die AXA verzichtet zugunsten der Nachhaltigkeit auch auf Geschäft. Inwiefern muss man sich Nachhaltigkeit als Firma einfach auch leisten können?
Wir beobachten seit Jahren, dass Firmen, die nachhaltig unterwegs sind, auch wirtschaftlich erfolgreicher sind. Hier zeigt sich, dass Nachhaltigkeitsfaktoren eben nicht einfach «nice to have» sind, sondern den Erfolg auch befördern können. Wir möchten andere Unternehmen auf diesem Weg ermutigen. Letztlich ist es im Interesse aller, wenn wir Risiken im Griff haben und unsere Welt nachhaltig und gesund ist.