
Wildunfälle – was tun und wo aufpassen?
Über 11,5 Millionen Franken hat die AXA vergangenes Jahr für Wildunfälle aufgewendet. Der einzelne Schadenfall kostet mittlerweile fast 3800 Franken. Besonders gross ist das Risiko für einen Wildtier-Zusammenstoss in den Kantonen Freiburg, Jura, Thurgau und Schaffhausen.
Etwas über 3000 Schäden aufgrund von Zusammenstössen mit einem Wildtier wurden der AXA, der grössten Motorfahrzeugversicherung der Schweiz, vergangenes Jahr gemeldet. Damit bleibt die Zahl der Schadenfälle über die letzten fünf Jahre gesehen konstant (abgesehen von einem Corona-bedingten Einbruch im Jahr 2020).
Freiburg, Jura, Thurgau und Schaffhausen besonders betroffen
Die Wahrscheinlichkeit, mit einem Tier zusammenzustossen, ist nicht in allen Regionen der Schweiz gleich hoch, wie ein Blick auf die Schadenstatistik der AXA zeigt. Besonders wachsam sollten Autofahrerinnen und Autofahrer in den Kantonen Freiburg, Jura, Thurgau und Schaffhausen sein. Die Schadenfrequenz, also die Anzahl Fälle pro versichertes Auto, bewegt sich dort zwischen 6,9 und 5 Promille. Damit ist das Risiko dort etwa doppelt so hoch wie im Schweizer Durchschnitt (3,2 Promille) und bis zu acht Mal höher als in Basel-Stadt (0,8), wo es am wenigsten Wildunfälle gibt. Auch Nidwalden, Genf (beide 1,2) und Zug (1,8) sind seltener betroffen. «In ländlichen Kantonen gibt es mehr Strassen, die durch Waldabschnitte führen und generell sind mehr Wildtiere unterwegs, was tendenziell häufiger zu Zusammenstössen mit Wildtieren führt», erklärt Michael Villiger, Leiter Schaden Motorfahrzeuge und Mitglied des AXA Kompetenzzentrums Mobilität.
Schadenkosten auf Rekordhoch
Bei der AXA verursachten Wildunfälle im Jahr 2024 Kosten in der Höhe von über 11,5 Millionen Franken. Der einzelne Schadenfall kostet mittlerweile fast 3800 Franken, das sind 15 Prozent mehr als im Vor-Corona-Jahr 2019, als ein Wildunfall mit etwas mehr als 3200 Franken zu Buche schlug. Verglichen mit vor zehn Jahren (3000 Franken pro Wildunfall) sind die durchschnittlichen Schadenkosten um fast einen Viertel gestiegen. «Grund dafür sind die deutlich teureren Ersatzteil- und Reparaturkosten, unter anderem aufgrund von neueren Fahrzeugteilen und der verbauten Elektronik», so Michael Villiger.
Exemplarisch zeigt sich diese Entwicklung an der Motorhaube, die im Falle eines Wildunfalls klassischerweise beschädigt wird. Die Durchschnittskosten für die Reparatur des Kotflügels und der Motorhaube beläuft sich mittlerweile durchschnittlich auf etwa 3700 Franken. «Muss der Scheinwerfer ebenfalls ersetzt werden, kostet die gesamte Reparatur im Durchschnitt heute mindestens 5500 Franken», erklärt Michael Villiger.
Vorsicht im Morgen- und Abendverkehr
Die Gefahr eines Wildunfalls besteht zu jeder Tages- und Jahreszeit. «Besondere Vorsicht ist jedoch im Oktober, November und Dezember geboten. Wenn die Tage kürzer werden, sind Wildtiere häufiger zur gleichen Zeit unterwegs wie Autofahrerinnen und Autofahrer. Zudem lecken Rehe und Hirsche im Winter gerne Salzreste am Strassenrand. Da es im Morgen- und Abendverkehr dunkel ist, werden sie oft erst spät oder zu spät gesehen», erklärt Luca Genovese, Leiter Forschung und Prävention und des AXA Kompetenzzentrums Mobilität. Im Morgen- und Abendverkehr und besonders bei Waldabschnitten und Warnschildern sollten Autofahrerinnen und Autofahrer daher die Geschwindigkeit anpassen und jederzeit bereit sein, zu bremsen.
Wildunfälle sofort der Polizei melden
Springt ein Wildtier überraschend vors Auto, ist eine Vollbremsung allfälligen Ausweichmanövern vorzuziehen. Kommt es dennoch zu einem Zusammenstoss, ist von Gesetzes wegen umgehend die Polizei zu benachrichtigen. Diese bietet einen Wildhüter oder andere Spezialisten auf, die das Tier wenn nötig von seinem Leiden erlösen. «Wer sich erst später oder nur auf Nachfrage der Versicherung bei der Polizei meldet, macht sich strafbar», so der AXA-ARAG Rechtsexperte Fabrizio Howald. Eine Strafverfolgung wegen fahrlässiger oder gar vorsätzlicher Tierquälerei ist möglich.
So lassen sich Wildunfälle vermeiden
- Nehmen Sie Verkehrsschilder mit dem Hinweis auf Wildwechsel ernst, antizipieren Sie mögliche Kollisionen und schützen Sie damit Wildtiere und sich selbst vor Unfällen.
- Fahren Sie auf Landstrassen, bei Hecken, hohen Getreidefeldern und in Waldgebieten besonders achtsam. Reduzieren Sie die Geschwindigkeit auf maximal 70 km/h, vergrössern Sie den Sicherheitsabstand und behalten Sie besonders den rechten Strassenrand im Blick.
- Schalten Sie wenn möglich das Fernlicht ein, damit Sie Wildtiere möglichst frühzeitig sehen.
- Sobald ein Wildtier am Strassenrand auftaucht: sofort bremsen, abblenden und, falls das Tier sich nicht entfernt, hupen. Achten Sie dabei auf den nachfolgenden Verkehr.
- Rechnen Sie mit weiteren Wildtieren am selben Ort. Die Tiere sind oft im Rudel unterwegs. Das bedeutet: Wo eines ist, sind auch andere, denn sobald das Leittier flüchtet, folgt meist das Rudel nach.
- Springt ein Wildtier überraschend vor das Auto, ist eine Vollbremsung dank ABS auch bei rutschigen Strassen die beste Lösung. Damit kann Energie abgebaut werden, so dass die allenfalls folgende Kollision weniger heftig ist. Zu heftige Lenkbewegungen sollte man vermeiden.
Was tun, wenn es trotzdem zur Kollision mit einem Wildtier kommt?
- Halten Sie an und sichern Sie die Unfallstelle (Warnblinker, Pannendreieck).
- Benachrichtigen Sie umgehend die Polizei (Tel. 117): Wildunfälle müssen in der Schweiz von Gesetzes wegen gemeldet werden. Die Polizei zieht wenn nötig weitere Spezialisten (Wildhüter, Jäger, Tierarzt) hinzu.
- Warten Sie auf die Polizei und versuchen Sie nicht, sich dem Tier zu nähern.
- Die Meldepflicht besteht auch für Kollisionen mit grösseren Vögeln wie Weissstörchen und Graureihern sowie mit kleineren Tieren wie Bibern oder Mardern – nicht aber mit Igeln oder Fledermäusen.